Nur wer fällt, lernt fliegen
von Anna Gavalda
Wahre Freundschaft kann Leben retten
Auf einer Bergwanderung stürzen die ungleichen Freunde Billie und Franck in einer Felsspalte. Während sie Franck ohnmächtig wähnt, erzählt die kämpferische Billie ihrem am Himmel leuchteten Glückstern die verrückte Geschichte ihrer jahrelangen Freundschaft. Aber ist Freundschaft überhaupt das richtige Wort?
Auszug des Klappentexts
Eine Geschichte zweier Außenseiter auf der Suche nach der Liebe – eigenwillig und sprachlich gewöhnungsbedürftig
Ein paar Worte vorweg
Regelmäßig findet man auf meinem Buchblog Anmerkungen, dass ich lese, was mir in die Finger kommt, und so ist es auch, aber natürlich gibt es Präferenzen.
Daher ist es fast ein Naturgesetz, dass ich bei meinen Streifzügen durch die Buchläden in der Abteilung der Bücher im Pocket-Format lande. Diese ziehen mich einfach magisch an. Mein Lob an die Verlage: Ihr habt marketingtechnisch alles richtig gemacht. 😊
Dort im Drehständer stand das Buch „Nur wer fällt, lernt fliegen“ und strahlte mich an, wie der Stern in der Geschichte.
Die bekannte Unbekannte
Der Roman „Nur wer fällt, lernt fliegen“ wurde von Anna Gavalda verfasst, und sie ist definitiv keine Unbekannte auf dem Buchmarkt. Die Französin ist Schriftstellerin und Journalistin und beherrscht mit ihren Büchern die französischen Bestsellerlisten.
In Deutschland ist der Roman „Zusammen ist man weniger allein“, der bereits 2007 mit Audrey Tautou verfilmt worden ist, vermutlich der bekannteste. Dieses und weitere ihrer Bücher befinden sich in meinem Bücherregal. Dementsprechend groß war meine Erwartung an das Buch „Nur wer fällt, lernt fliegen“.
Wer fällt, um das Fliegen zu erlernen?
Die Geschichte ist zügig zusammengefasst: Billie und Franck sind beste Freunde seit Kindertagen. Billie stammt aus einer Wohnwagensiedlung, und familiäre Liebe und Wärme hat sie nie erfahren. Franck kommt aus gesitteten Familienverhältnissen, ist jedoch gestraft mit einem sehr autoritären Vater. Vor allem da er Jungs lieber als Mädchen mag, ist sein Leben geprägt von Konflikten, Zweifeln und Leid. Durch ein Theaterschulprojekt lernen sich die beiden Außenseiter kennen und platonisch lieben. Zwei Verbündete gegen den Rest der Welt.
Inzwischen sind die Freunde erwachsen und stürzen bei einer Wanderung ab. Hilfe ist nicht in Sicht, die Nacht bricht herein, und Billie mutmaßt, dass Franck ohnmächtig ist. Getrieben von ihrer Schlaflosigkeit erzählt sie ihrem Glücksstern am nächtlichen Firmament ihrer beider Lebens- und Liebesgeschichte – in der Hoffnung auf Rettung ihres bewusstlosen Seelenverwandten und besten Freunds.
Der eigenwillige Stil als Barriere für das Lesevergnügen
Der Roman „Nur wer fällt, lernt fliegen“ hat es mir nicht leicht gemacht. Wer die Autorin kennt, weiß um ihre spezielle Art, Geschichten zu erzählen. Besondere Töne in Erzählungen, wie z. B. beim kürzlich besprochenen Buch „Das Labyrinth der Wörter“ von Marie-Sabine Roger mag ich sehr gern. Dieses Mal hatte ich jedoch enorme Schwierigkeiten mit dem Schreibstil der Autorin und dem Ton der Geschichte an sich.
Billie stammt aus dem Prekariat, und das spürt sie ihr Leben lang. Dies erklärt ihre Art zu sprechen: Rotzig und frech, aber auch teileweise wirr und verzettelt. In diesem umgangssprachlichen Ton ist diese Geschichte gehalten, welche zuweilen an ein Theaterstück erinnert, und dies nicht ohne Grund.
Als Stilmittel sind der Ton und die Umsetzung hervorragend eingesetzt, doch ein flüssiges Lesen erschwert diese Erzählform enorm. Man wird gezwungen, die Geschichte langsam zu lesen und gerät tiefer in den Strudel der Geschehnisse. Diese wiegen schwer, sodass man schnell feststellt, dass das „Fallen“ aus dem Buchtitel eine Tatsache ist.
Ungeachtet all der technischen Finesse, die verarbeitet wurde, bleibt die Tatsache, dass mir der Stil des Buches mein Lesevergnügen verdarb. Bei ca. der Hälfte überlegte ich ernsthaft, das Buch beiseitezulegen. Dieser Überlegung zum Trotz und mit dem Wissen, dass das Buch kein Lieblingsroman wird, wollte ich unbedingt erfahren, wie die Geschichte der Außenseiter endet. Daher las ich tapfer weiter.
Das Gefühl, dass der Roman in großen Teilen zu gewollt wirkte, mit zu vielen Stereotypen agierte und das emotionale Mitfühlen und Eintauchen quasi gebremst stattfand, verstärkte sich mit jedem Kapitel. Ob mein getrübtes Leseempfinden daraus resultiert, dass die Autorin zu viel gewollt hat, manches zu plakativ dargestellt wurde oder der Ton mir nicht lag, ist nur schwer zu erklären. Soviel möchte ich jedoch verraten, dass das Ende dem Ganzen nicht zuträglich war und mich enttäuscht hat.
Mein Fazit
Der Roman „Nur wer fällt, lernt fliegen“ hat meine ursprünglichen Erwartungen nicht erfüllt. Technisch ist er gelungen umgesetzt, war aber leider nicht ganz nach meinem literarischen Geschmack. Dennoch gebe ich zu, dass mich die Autorin mit diesem Buch überrascht hat. Manchmal zeigt es sich, dass jahrlange Erfahrung beim Schreiben und das Sich-selbst-übertreffen-wollen nicht immer zu überzeugenden Ergebnissen führt.
Eine Überraschung hielt der Roman doch für mich bereit: den äußerst gutmütigen Esel Boubou …
Meine Bewertung
Hinweis: Keine bezahlte Werbung
ISBN: | 978-3-596-52119-7 |
Sprache: | Deutsch |
Ausgabe | Gebundenes Buch |
Seitenzahl | 240 |
Verlag | FISCHER Taschenbuch |
Erscheinungsdatum: | 27.10.2016 |
Zwei Außenseiter auf der Suche nach der Liebe