Das Labyrinth der Wörter

von Marie-Sabine Roger

Das Labyrinth der Wörter von Marie-Sabine Roger | Buchcover | Buchleserin der Buchblog

Eine bezaubernde Geschichte vom kleinen Glück

Germain ist eine Seele von Mensch, aber nicht der Schlauste. Als er eines Tages im Park Margueritte kennenlernt, wird sein Leben auf den Kopf gestellt. Denn die feinsinnige alte Dame beginnt, ihm die Welt der Bücher zu erschließen.

Auszug des Klappentexts

Eine warmherzige Huldigung des Lesens und eine Geschichte über die Macht der Literatur

Ein paar Worte vorweg

Über meine Vorliebe zu Büchern im Pocket-Format habe ich auf meinem Buchblog bereits berichtet, und der hier besprochene der Roman „Das Labyrinth der Wörter“ gehört in diese Kategorie.

Das Buch ist schon ein paar Jahre auf dem Buchmarkt und wurde bereits 2010 mit Gerard Depardieu verfilmt. Den Film habe ich nicht gesehen und werde ihn vermutlich auch nicht anschauen, aber nur weil ich bezüglich Romanverfilmungen sehr kritisch eingestellt bin.

Die Autorin

Die Autorin Marie-Sabine Roger ist Französin und arbeitete einige Jahre als Grundschullehrerin, bevor sie sich vollständig der Schriftstellerei widmete. Und das mit beachtlichem Erfolg: Einige ihrer Arbeiten wurden mit Preisen gekrönt, und der Roman „Das Labyrinth der Wörter“ wurde 2009 dem Prix Littéraire Inter-CE ausgezeichnet.

Worum es geht

Mit Mitte 40 und ohne festen Job haust Germain in einem alten Wohnwagen, schnitzt Holzfiguren, baut Gemüse an und trifft sich ab und zu mit Annette – ob es Liebe ist, kann er jedoch nicht sagen, denn die hat er im Leben noch nie erfahren. Bis er eines Tages im Park die zierliche Margueritte kennenlernt, die dort, genau wie er, die Tauben zählt. Obwohl sie unterschiedlicher nicht sein könnten, sind die beiden bald ein Herz und eine Seele. Die lebenskluge alte Dame ist zudem eine passionierte Leserin, und als sie dem ungeschliffenen Hünen vorzulesen beginnt, eröffnet sich Germain eine völlig neue Welt.

Eine Hommage an das Lesen

Wie in der Einleitung erwähnt, ist der Roman „Das Labyrinth der Wörter“ bereits vor einigen Jahren erschienen, doch das ist völlig belanglos, denn die Geschichte ist absolut zeitlos. Es geht hauptsächlich um das menschliche Miteinander, die eigene Fähigkeit zur Weiterentwicklung und um die Schönheit des geschriebenen Wortes an sich, und diese Themen sind immer aktuell.

Der Schreibstil der Autorin ist auf den ersten Blick etwas gewöhnungsbedürftig, aber schnell wird klar, dass die naive Tonlage des Buchs ein künstlerisches Stilmittel darstellt, um die Hauptfigur mit ihren Eigenheiten dem Leser näherzubringen.

Die Geschichte wird aus der Sicht des 45jährigen Germain erzählt, und er ist ein besonderer Geselle, ein wahrhaftiger Antiheld. Um die Eigenheit des Protagonisten zu unterstreichen, wird neben den allgemeinen Beschreibungen der schlichte Grundton der Erzählweise herangezogen. Dieser Erzählstil mag nicht allen LeserInnen zusagen, für mich war das Spiel mit diesen Aspekten sehr erfrischend.

Germain als liebevollen Trottel abzustempeln, ist der falsche Ansatz, denn mit jedem Kapitel, in dem die Geschichte voranschreitet, wird klar, dass in dieser vermeintlichen Schlichtheit echtes Potenzial liegt. Seine Gedanken und Sichtweisen über das Leben, seine Mitmenschen, sein familiärer Hintergrund berühren die sensiblen LeserInnen. Man spürt die Trostlosigkeit seines Daseins.

Und dann der Wendepunkt: Er begegnet der viel älteren Margueritte. Es ist so herrlich zu lesen, wie er die alte Lady als Mensch und nicht nur als alte Frau auf einer Parkbank wahrnimmt, sich Zeit nimmt für ein Gespräch, ein paar höfliche Worte wechselt im sonst hektischen Leben der Stadt.
Die beiden so unterschiedlichen Menschen mögen sich auf Anhieb, und der nun regelmäßige Austausch mit der feinsinnigen Dame verführt Germain zu ganz neuen Gefühlen. Er lernt, wie aus höflicher Zuneigung Freundschaft und aus Freundschaft familiäre Liebe erwächst.
Ganz nebenbei wird er mit dem geschriebenen Wort konfrontiert, aus einem kleinen Flämmchen wird ein wahres Feuer der Begeisterung für literarische Ergüsse entfacht. Es ist eine Freude zu lesen, wie bei Germain die Leidenschaft für das Lesen und die Begeisterung für Literatur erwächst.
Während dieses zaghaften Erwachens für das Lesen gefiel mir besonders die Darstellung der großartigen Sichtweise von Margueritte bezüglich der eigenen Magie eines simplen Wörterbuchs, dem „Labyrinth der Wörter“. Hach…

Mein Fazit

Das Lesen des kleinen Büchleins hat mir sehr viel Freude bereitet, auch wenn der Ton des Romans „Das Labyrinth der Wörter“ durchaus schlicht und manchmal etwas derber war. Er passt einfach zu Germain.

Die Entwicklung seiner Figur ist der Autorin gelungen, und nebenbei spendierte sie den Lesenden noch etwas Gesellschaftskritik. Man sollte seinen Mitmenschen vorurteilsfrei begegnen, schließlich kennt man deren Lebensgeschichte nicht, und das Alter darf uns nicht abschrecken.

Also, wenn ihr demnächst einem einsamen Menschen (egal welchen Alters) auf einer Bank begegnet, denkt daran: Ein höfliches Gespräch lohnt sich immer, es bereitet allen Freude und es trägt die Macht der ungeahnten Chancen in sich.

Meine Bewertung

5-Sterne-Bewertung
Hinweis: Keine bezahlte Werbung
ISBN:978-3-423-21900-6
Sprache:Deutsch
AusgabeTaschenbuch im Pocket-Format
Seitenzahl268
Verlagdtv Verlag
Erscheinungsdatum:01.04.2011 (3. Auflage 2016)

Eine Hommage an das Lesen und das Leben

2 Comments

  1. Liebe Doreen,

    das Buchhabe ich gelesen vor 11 Jahren und ein Jahr später auch den Film geschaut und ich mochte ihn eigentlich gern. Hab 4 Sterne vergeben damals. Also dem Film. Ich fand das man die Charaktere gut getroffen hatte. Aber ich bin wie du, ich bin auch sehr kritisch was Verfilmungen angeht, denn meist kommen sie nicht annähernd an das Buch ran.

    Klar, ich finde das Buch immer besser, das kommt daher das es halt ausführlicher ist und ich mir alles schon so dermassen detailliert vorstelle, das der Film da nicht mit halten kann, weil vieles einfach nicht meinen Vorstellungen entspricht.

    Schon das dir das Buch auch so gut gefallen hat. Das Buch war eins meiner Jahreshighlights damals.

    Liebe Grüsse
    Alexandra

    1. Liebe Alexandra,
      mir geht es genauso: Beim Lesen bekommen die Figuren ihr Gesicht, man malt sich die Umgebung, und das deckt sich selten mit dem Filmcast und dem Setting. Die Enttäuschung ist so vorprogrammiert, und daher entscheide ich mich meist für das Lesen oder die Verfilmung. Und nur ganz selten weiche ich davon ab. 🙂
      Für mich war die Geschichte von Germain & Margueritte auch etwas ganz Besonders. Die Interaktion der Generationen ist ein faszinierendes Thema.
      Liebe Grüße

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