Going Zero

von Anthony McCarten

Buchcover "Going Zero" von Anthony McCarten | Buchblog der Buchleserin

Warum lassen wir zu, dass wir immer und überall beobachtet werden?

Hat man als Einzelner überhaupt eine Chance gegen das System? Kaitlyn Day, eine junge Bibliothekarin aus Boston, ist entschlossen, es zu versuchen – ihr bleibt keine Wahl. Und so greift sie zu, als sich die Einladung zu einem ungewöhnlichen Kräftemessen bietet: dem Betatest von FUSION, einem Projekt der US-Geheimdienste und des Social-Media-Moguls Cy Baxter. Wem es gelingt, 30 Tage unauffindbar zu bleiben, dem winken 3 Millionen Dollar. Doch Kaitlyn geht es um etwas anderes …

Auszug des Klappentexts

Ein extrem spannender Verschwörungsthriller, und das eigene Smartphone sieht man garantiert mit ganz anderen Augen.

Der Roman „Going Zero“ landete aufgrund einer Empfehlung auf meinem Lesestapel und ich bin froh, diesem Tipp gefolgt zu sein.

Wer ist der Autor?

Das Buch „Going Zero“ stammt aus der Feder von Anthony McCarten. Der neuseeländische Schriftsteller ist kein Unbekannter in der Branche. Neben seiner Tätigkeit als Schriftsteller und Dramatiker ist er auch Drehbuchautor und Filmproduzent. Inzwischen lebt und arbeitet er in Los Angeles, London und München.
Mit einigen seiner Arbeiten war er für den Oscar nominiert und hat schon zwei British Academy Film Awards im Schrank stehen. Sein Buch „The Two Popes“ wurde für Netflix verfilmt, mit niemand Geringerem als Anthony Hopkins.
Trotz all seiner Bekanntheit hatte ich bis dato kein Buch von ihm gelesen. Das habe ich nun geändert.

Going Zero – Die Story

Cy Baxter, der Elon Musk oder Mark Zuckerberg der Geschichte, leitet ein gigantisches Social-Media-Unternehmen und ist mit der CIA & Co. in Verhandlung über eine Milliardenfinanzierung. Diese Gelder benötigt er für den weiteren Ausbau der von ihm entwickelten digitalen Überwachungstechnologien, von denen er behauptet, jede Person jederzeit – unter Zuhilfenahme eben jener technischen Finessen – aufzuspüren, ohne dass diese es bemerkt.

Doch wozu das Ganze? Natürlich wollen alle Beteiligten ihrem allmächtigen Traum, der totalen Überwachung unter dem Deckmantel einer sicheren Welt, ein großes Stück näherkommen.

Bevor der Deal abgeschlossen wird und das Geld fließt, soll Cy mit einem Betatest beweisen, wie effizient die Entwicklungen seines Unternehmens „Fusion“ sind. Dazu wurden 10 freiwillige Personen ausgewählt, die Zeros. Sie bekommen 2 Stunden Vorsprung, um sich 30 Tage lang zu verstecken, möglichst unauffindbar für Baxter und sein Team. Demjenigen Zero, welchem das schier Unmögliche glückt, nämlich als unentdeckter Gewinner die Jagd zu beschließen, winkt ein Preisgeld von 3 Millionen US-Dollar.
Eine Regel dieses Tests: Alle sollen sich im Rahmen des Gesetzes bewegen, wirklich alle und jederzeit. Aber halten sich alle an diese Regeln?
Das Szenario des Tests wurde gestaltet, um eine marketingwirksame Jagd nach den Zeros zu erhalten. Und so passiert, was passieren muss: Selbst die kreativsten und gewieftesten Kandidaten stolpern über Kleinigkeiten. Cy glaubt sich seiner Milliarden gewiss, wäre da nicht eine junge Bibliothekarin aus Boston …

Fiktion trifft auf Realität

Tatsächlich empfand ich den Einstieg in die Story als etwas beschwerlich, aber mit dem Beginn des Betatests war ich von der Handlung gefangen.
Der erste Teil der Geschichte von „Going Zero“ ist die rasante Jagd nach den Zeros, packend und wirklich nervenaufreibend.
Nach und nach werden all die technischen Möglichkeiten zum Aufspüren von Menschen aufgezeigt, und man beginnt zwangsläufig, über sein digitales Agieren und die damit entstandenen Spuren im Netz nachzudenken. Vereinzelt mag man sich fragen, wie viel von diesen Möglichkeiten Fiktion und Zukunftsmusik ist. Doch ich befürchte, dass vieles davon schon längst unser aller Realität ist. Echte Massenüberwachungswerkzeuge. Wir merken es bloß nicht, und das ist gut, denn sonst würden sicherlich einige buchstäblich die Nerven verlieren.

Ab ungefähr zwei Drittel des Buchs gibt es einen echten Twist im Plot. Die Handlung erfährt Wendungen, die ich definitiv nicht vorhergesehen habe. Das hat mich ungemein positiv überrascht. Der zweite Teil der Geschichte ist ein Action-Thriller.
Hier bemerkt man die Erfahrungen, die der Autor in der Filmbranche gesammelt hat. Turbulent geht es weiter, aber die Geschehnisse fächern sich in verschiedene Richtungen auf. Es droht die Gefahr, dass nun die detailverliebte und spannungsvolle Geschichte etwas von ihrer Wirkung verliert.

Es passieren einige technische Dinge, welche vermutlich hart an der Grenze der Realität vorbeischrammen. Ebenso vermute ich bei einigen politischen Geschehnissen, dass hier die Fantasie des Autors die Realität überholt hat. Die Figur Cy bekommt ein ganz anderes, etwas klischeehafteres Gesicht. Vermutlich dient das Ganze dazu, die abgebrühte Unberechenbarkeit eines Tech-Moguls zu unterstreichen.
Hat das alles mich beim Lesen gestört? Es ist mir aufgefallen, aber gestört hat es nicht, denn sieht man von diesen „Kritikpunkten“ ab, bleibt ein packender und wendungsreicher Handlungsverlauf. Und für mich sind meine etwas kritischeren Anmerkungen eher dem Punkt der künstlerischen Fiktion zuzuordnen, schließlich dient das Buch der Unterhaltung und ist keine Fachliteratur.

Für mich überwiegt, dass der Plot mich überrascht hat. Das rasante Katz-und-Maus-Spiel, der Ideenreichtum, die fast nebenbei passierende Sensibilisierung im persönlichen Umgang mit seinen Daten. Es regt den Leser nachhaltig zum Nachdenken an. Besonders im Hinblick auf die aktuellen Entwicklungen von ChatGPT und KI mit all ihren gigantischen Möglichkeiten – und Gefahren.
Und ja, ich habe abends mein Telefon auf Flugmodus gestellt und alle technischen Geräte vom Netz genommen. Man weiß ja nie. 😉

Der Schreibstil entsprach meiner Erwartung, war temporeich und effizient, genutzt als rasantes Stilmittel, um die außerordentliche Taktung der Geschichte zu unterstreichen. Für mich wirkte es manchmal etwas holprig. Ob es am Können des Schreibers lag oder an der Übersetzung, lässt sich schwer sagen, da ich keinen Vergleich habe.
Was mir jedoch wichtiger ist, dass der Autor wichtige Themen wie Datenschutz, Bürgerrechte, Privatsphäre, Moral, digitale Manipulation und Freiheitsrechte auch in einer fiktiven Geschichte thematisiert. Er beleuchtet spielerisch beide Seiten der Medaille, zeigt das Spiel von Macht, Geld und Informationen exemplarisch an dieser Geschichte auf. Im weitesten Sinn ist der Plot eine klassische Geschichte, nämlich der Kampf zwischen David und Goliath.

Mein Fazit

Der Roman „Going Zero“ war eine echte Entdeckung. Ich hätte nicht gedacht, dass das Buch mich so abholt. Den Roman habe ich in kürzester Zeit durchgelesen. Ein echter Pageturner! Und das Ende lässt hoffen, dass es eventuell eine Fortsetzung gibt. Potenzial wäre genug vorhanden, und ich würde es definitiv lesen.
Bist du aktiv im Netz unterwegs? Dann. Lies. Dieses. Buch.

Meine Bewertung

5-Sterne-Bewertung
Hinweis: Keine bezahlte Werbung
ISBN:978-3-257-07192-4
Sprache:Deutsch
AusgabeGebundenes Buch
Seitenzahl464
VerlagDiogenes
Erscheinungsdatum:26.04.2023

Ein temporeicher Thriller, der nachdenken lässt.

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