Das leise Sterben der lokalen Buchhandlungen

Warum das ein Drama ist und wir aktiv werden müssen.

Das leise Sterben der Buchlesen - Gedankenspiel | Buchblog der Buchleserin

Immer wieder tauchen sie in den Medien auf – meist nur als Randnotiz, denn es sind ja »nur« Buchhandlungen und kein Automobilkonzern: die Nachrichten darüber, dass in Deutschland die Zahl der Bucheinzelhändler stetig schrumpft.

Doch nun, anlässlich der 77. Frankfurter Buchmesse, fluten die Zahlen die Berichterstattung – und das Thema bekommt einen kleinen Funken Aufmerksamkeit. Diesen möchte ich nutzen, um eine Lanze zu brechen für die inhabergeführten Läden – mit einem Aufruf zur Änderung unseres Kaufverhaltens. Denn wir, die Konsumenten, haben hier die Feder in der Hand.

Die Qualen der Zahlen

Wer regelmäßig in Innenstädten unterwegs ist und sich für Literatur interessiert, kann das Sterben der Buchhandlungen direkt mit verfolgen. Das Statistische Bundesamt hat es nun dokumentiert: In nur 5 Jahren ist die Zahl der Bucheinzelhändler um 24 % gesunken. Das ist eine schockierende Zahl, aber vermutlich ist die Talsohle noch nicht erreicht.

Gab es im Jahr 2018 noch 3.930 Unternehmen im Buchhandel mit 28.000 Beschäftigten, so waren es im Jahr 2023 nur noch gut 2.980 Einzelhandelsunternehmen mit lediglich 22.620 Beschäftigten. Das entspricht einem Rückgang von 24 % bei den Unternehmen – und 19 % weniger Arbeitsplätzen, die ganz leise, peu à peu, verschwunden sind. Arbeitsplätze, die Familien ernährt, Steuern eingebracht und mit ihren Beiträgen die Sozialkassen gestützt haben.

Für Fans der Literatur, des gedruckten Buchs und einer gemütlichen Stöberrunde durch eine gut sortierte Buchhandlung mit individueller Beratung bedeutet das: Der Gang zum Buchhändler des Vertrauens wird bald immer schwieriger.

Warum der Buchladen ums Eck geht

Das Sterben der lokalen Buchhandlungen geschieht zwar leise, aber nicht lautlos. Die Gründe sind vielfältig. Ein Klassiker unter den Einzelhandelsunternehmen: die fehlende Nachfolge.

Und auch hierfür sind die Ursachen zahlreich, und deshalb will ich nur die offensichtlichsten nennen: wirtschaftliche Unsicherheit und Standortabhängigkeit. Das bedeutet: Wenn Innenstädte kontinuierlich aussterben (wegen des Onlinehandels) und von großen Playern dominiert werden, hat es der kleine, inhabergeführte Laden schwer.

Weitere Punkte für das Problem mit der Nachfolge sind neben der erforderlichen Fachkenntnis und der Komplexität eines solchen Betriebs die stetig steigenden Kosten für Personal, Miete und Energie, die belasten. Hinzu kommt der Sortimentsdruck – also viele Neuerscheinungen, hohe Remissionsrisiken (nicht verkaufte Bücher werden zurückgeschickt) – und natürlich die massive Konkurrenz durch den Onlinehandel.

Auf Dunkelheit folgt Licht

Trotz der sinkenden Anzahl der stationären Buchhandlungen steigt der Umsatz im Bucheinzelhandel. Setzte die Branche 2018 rund 3.6 Milliarden um, so sind es 2023 bereits knapp 4,0 Milliarden. Ein Hoffnungsschimmer?

Ebenso verhält es sich bei den Ausbildungsplätzen: 2024 begannen 490 Personen eine Ausbildung als Buchhändler*in, zehn Jahre zuvor waren es »nur« 470 abgeschlossene Ausbildungsverträge. Also kann man hier wohlwollend eine leichte Zunahme registrieren. Für mich ist dies ein Hoffnungsschimmer, besonders bei dem starken Rückgang der Einzelunternehmen im Buchhandel. Übrigens: Der Frauenanteil bei den Ausbildungsverträgen liegt bei 87 %, und das unterstreicht, wie wichtig die lokalen Buchhandlungen für unsere Gesellschaft sind.

Mehr Infos dazu findet hier.

Support your Buchladen

Natürlich hat der stationäre Buchhandel längst auf den digitalen Wandel im Einkaufsverhalten reagiert. Trägheit oder das Ignorieren aktueller Herausforderungen kann man den unabhängigen Buchhändler*innen wahrlich nicht vorwerfen.

Viele Buchhandlungen betreiben heute aktiv Cross-Channeling – das heißt: Sie kombinieren die Vorteile des stationären Handels, wie persönliche Beratung und Einkaufserlebnis im stilvollen Ambiente, mit den Möglichkeiten des Online-Shoppings.

Die Mehrheit der Buchhandlungen verfügt inzwischen über einen eigenen Online-Shop. So können wir Buchjunkies rund um die Uhr aus dem Vollen schöpfen – inklusive der Bücher der gelisteten Selfpublishing-Autor*innen, welche man eher seltener in den Buchläden findet.

Der Vorteil: Ihr habt die volle Bandbreite des Buchsortiments zur Verfügung, unterstützt gleichzeitig den lokalen Buchhandel – und finanziert damit weniger die Aktienportfolios internationaler Großaktionäre.

Ihr helft aktiv mit, dass die Vielfalt in unseren Innenstädten erhalten bleibt, Arbeitsplätze in eurer Stadt oder Gemeinde gesichert werden – und ihr werdet weiterhin mit einem Lächeln im Laden eures Vertrauens begrüßt. Das versüßt nicht nur den Tag, sondern macht den Buchkauf zu etwas Besonderem. 😊

Noch nicht genug?

Mehr Fakten zum Thema findet man u. a. im Mediendossier vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels (Dossier_Stationaerer-Buchhandel_2023 PDF).

Fediverse-Reaktionen

Ein Ort der Kultur stirbt – leise, aber stetig.

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