Feigenblatt

von Reinhard Löchner

»Feigenblatt« von Reinhard Löchner - Buchcover | Buchblog der Buchleserin

Zwischen Vision und Zerstörung

In Somaliland steht das größte Solarkraftwerk Afrikas kurz vor seiner feierlichen Eröffnung. Mit einem Schlag wird eines der ärmsten Länder nicht nur seinen eigenen Energiebedarf decken, sondern auch zum weltweiten Vorbild für eine nachhaltige, von Sonnenenergie angetriebene Wirtschaft werden. Hinter diesem visionären Projekt stehen die Düsseldorfer Investmentmanager von Ray Capital, die von einer globalen Solarwende träumen. Doch am Tag der Eröffnung zerstört eine verheerende Sprengstoffexplosion das Kraftwerk. Inmitten des Chaos wird Chris, einer der deutschen Projektmanager, ohne ersichtliches Motiv von der CIA als Hauptverdächtiger festgenommen, während seine Freundin Zola vor ihrer Familie flieht, die sie zwangsverheiraten und nach somalischem Brauch beschneiden wollen. Was Vision für eine bessere Welt sein sollte, verwandelt sich in einen Albtraum. Ein erbitterter Wettlauf um die Wahrheit beginnt, als Chris und seine Freunde ins Fadenkreuz internationaler Geheimdienste und rechter Netzwerke geraten. Jeder Schritt könnte der letzte sein, während sie versuchen, ihre Unschuld zu beweisen und die wahren Drahtzieher zu entlarven. Doch wie stark kann man sein, wenn Geheimdienste und milliardenschwere Interessen der Ölindustrie gegen einen sind?

Reinhard Löchner erzählt in seinem neuen Thriller von den visionären Ideen einer Solarwende und verpackt sie in eine explosive Geschichte – mit atemberaubendem Tempo erzählt. Schockmomente inklusive.

Auszug des Klappentexts

Kampf um die Zukunft – Ein Thriller über die Solarwende: Zwischen Hoffnung und Intrigen

Ein paar Worte vorweg

Der Thriller »Feigenblatt« von Reinhard Löchner wurde mir als Rezensionsexemplar angeboten und ich habe lange darüber nachgedacht, ob ich wirklich zu diesem Buch passe – und es zu mir. Warum?

Mein Lesespektrum ist breitgefächert, ich lese ab und an gern einen packenden Thriller, und auch das Thema Klimakrise gepaart mit der Energiewende interessiert mich brennend. Okay, das Wortspiel konnte ich mir nicht verkneifen. 😊

Doch die weiteren im Klappentext angedeuteten Handlungsstränge wie Zwangsverheiratung und Beschneidung, eingebettet in die politischen Krisen und Kriege in Afrika, das sind Themen, die nicht zu meinem bevorzugten Lesestoff gehören. Dennoch habe ich mich schließlich dazu entschlossen, meine literarische Komfortzone zu verlassen und mich auf die Geschichte einzulassen.

Über den Autor

Der Thriller »Feigenblatt« wurde vom 1964 in Köln geborenen Reinhard Löchner fasst. Er studierte Wirtschaftsingenieurwesen an der Technischen Universität Darmstadt. Er durchlief mehrere Stationen in der deutschen Industrie, bevor er eine auf Solar- und Windenergie ausgerichtete Venture-Capital-Gesellschaft gründete. Dieser Werdegang sorgt dafür, dass er sich in der Solar-Branche bestens auskennt. Der Unternehmer lebt mit seiner Familie in Düsseldorf und widmet sich in seiner Freizeit der Schriftstellerei. Sein utopischer Debütroman »Aufbruch nach Honua« erschienen im Oktober 2021.

Worum geht’s?

In Somaliland soll ein gigantisches Solarkraftwerk neue Maßstäbe setzen – ökologisch wie politisch. Doch kurz vor der Eröffnung wird die Anlage durch einen Anschlag zerstört. Der deutsche Projektmanager Chris gerät unter Terrorverdacht, während seine Freundin Zola mit ihrer eigenen familiären Bedrohung konfrontiert wird. Zwischen geopolitischen Interessen, persönlichen Schicksalen und den Machenschaften internationaler Geheimdienste entfaltet sich ein spannungsgeladener Thriller über Macht, Ideale und Widerstand.

Ein Politthriller am Puls der Zeit

Die Handlungszeit des Romans »Feigenblatt« liegt in den Jahren 2021 und 2022 und könnte durchaus als fiktionaler Polit- bzw. Wirtschaftsthriller mit realen Bezügen betitelt werden. Denn Löchner verbindet gekonnt aktuelle Themen wie Alltagsrassismus und Fremdenfeindlichkeit in Deutschland, den Angriffskrieg auf die Ukraine, mit visionären Möglichkeiten der nachhaltigen Energiegewinnung und verwebt internationale Machtstrukturen und kulturelle Konflikte zu einer vielschichtigen, hochspannenden Erzählung.
Der Thriller »Feigenblatt« beinhaltet zahlreiche Handlungsstränge, wie Rays Traum der Solarwende, Zolas Kampf gegen patriarchale Strukturen, die Aufklärung des Attentats und das Beweisen der Unschuld von Chris, sowie zahlreiche geopolitische Intrigen und Geheimdienstaktivitäten gepaart mit ökonomischen Interessen der verschiedenen Akteure, und und und … 

Wahrhaft viele Handlungsebenen innerhalb eines Romans. Es gelingt dem Autor, komplexe geopolitische Zusammenhänge verständlich und dramaturgisch fesselnd aufzubereiten und dabei seine Hauptprotagonisten menscheln zu lassen. Und so ist es interessant zu verfolgen, wie persönliche Schicksale mit globalen Interessen verwoben werden und den Hauptfiguren dennoch der Freiraum zur Entfaltung und persönlichen Weiterentwicklung mitgeben worden ist.

Stilistisch überzeugt der Roman durch eine klare, flüssige Sprache. Der Spannungsbogen bleibt durchgehend hoch, wobei moralische Grauzonen, wirtschaftliche Interessen und ideologische Fronten konsequent ausgelotet werden. Auch wenn manche Figuren (oder deren Handlungen) für meinen Geschmack etwas klischeehaft oder stark typisiert gezeichnet sind, bleibt die Handlung durchweg spannend und thematisch relevant.

Trotz des gut lesbaren Schreibstils und des straffgespannten Spannungsbogens konnte das Buch mich nicht vollständig fesseln. Problemlos konnte ich es für ein paar Tage beiseitelegen – was für mich meist ein Zeichen ist, dass mich ein Roman emotional nicht völlig gepackt hat.
Vermutlich liegt das weniger an der Qualität des Buchs als an der inhaltlichen Schwere und Komplexität der Thematik. Oder möglicherweise passten Buch und Leserin in diesem Fall einfach nicht ganz ideal zusammen.

Abschweifen muss erlaubt sein.

Mit dem Thriller »Feigenblatt« hat Löchner Themen bespielt, welche heutzutage in der aktuellen Debatte viel zu oft aus dem Fokus geraten: Der Klimawandel schreitet mit Siebenmeilenstiefeln voran. Die Wissenschaft predigt gebetsmühlenartig die belegbaren Gründe, und viele kluge Köpfe zeigen mögliche Lösungsansätze auf, um die drohende Katastrophe abzumildern.

Doch es scheint so, dass die Mehrheit der Menschen kein Interesse daran hat, etwas zu ändern – zu vage, zu fiktiv sind die Gefahren, die die Existenzgrundlage aller Menschen bedroht. Zu unbequem das notwendige und sinnvolle Handeln, um der Katastrophe Einhalt zu gebieten – die passiert ja irgendwann in der Zukunft.

Eine Studie aus dem Jahr 2009 besagt, dass die Nutzung von ca. 1,2 % der Sahara zur Stromgewinnung mit Solarmodulen ausreichen würde, um den weltweiten Strombedarf zu decken. Mehr lesen.
Klingt vielversprechend, aber natürlich gibt es hier noch genügend Probleme zu klären – wie die Speicherung und Übertragung oder auch die relativ hohen Investitionskosten. Doch für viele dieser »Probleme« gibt es zwischenzeitlich ganz sinnvolle Lösungsansätze, wenn das Interesse da wäre, sie zu nutzen.

Bereits im März 2021 – noch zur Regierungszeit der GroKo – hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass es ein Grundrecht auf Klimaschutz gibt und der Staat seine BürgerInnen aktiv vor den Gefahren des Klimawandels schützen muss.
Ende 2021 übernahm die Ampel die Geschäfte, und in ihrer verkürzten Legislaturperiode wurde im Bereich Klimaschutz einiges erreicht. Der Anteil der Erneuerbaren Energien im deutschen Strommix nahm kontinuierlich zu. Mehr lesen.

Aktuell regiert die KleiKo, und bereits nach wenigen Tagen Amtszeit lässt Frau Reiche verlautbaren, dass sie ihre Pläne vorantreiben möchte, in Deutschland mindestens 20 (!) neue, nicht-wasserstofftaugliche Gaskraftwerke zu bauen und langfristige Gaslieferverträge abzuschließen. Mehr lesen.

Ein Schelm, wer jetzt kritisch hinterfragt, wie es zu den Plänen kommt, wo doch Katharina Reiche vor Ihrem Aufstieg zur Bundeswirtschaftsministerin als Chefin der E.ON Tochtergesellschaft Westenergie tätig war – einem Unternehmen, dass sein Geld u. a. mit Energiedienstleistungen verdient. Das Geschmäckle lässt sich nicht wegdenken.

Blickt man nun auf den fiktiven Polit- und Wirtschaftsthriller »Feigenblatt« von Reinhard Löchner, muss man mit Respekt anerkennen, wie nah der Autor seine Geschichte an der Realität orientiert hat.

Letztlich ist es wie immer: Blickt man zurück in der Geschichte der Menschheit, wird durch die grenzenlose Gier nach Macht und Geld von wenigen das Leben vieler bestimmt – selten zum Vorteil der Mehrheit.

Abschließende Gedanken

Der Thriller verknüpft aktuelle Themen wie nachhaltige Energie, globale Machtinteressen und gesellschaftliche Konflikte eindrucksvoll miteinander. Die Handlung ist spannend konstruiert, der Schreibstil klar und gut lesbar. Dennoch konnte mich die Geschichte emotional nicht durchgehend fesseln – möglicherweise lag es an der thematischen Dichte und beunruhigend realistischen Umsetzung, sodass eine Trigger-Warnung durchaus sinnvoll wäre.

»Feigenblatt« ist ein vielschichtiger Roman der realitätsnahen Fiktion – auch wenn er sich für mich nicht als Pageturner erwiesen hat.

Meine Bewertung

4-Sterne-Bewertung | Buchblog der Buchleserin
Hinweis: Werbung - Rezensionsexemplar | Vielen Dank für das Leseexemplar!
ISBN:978-3-95894-300-1
Sprache:Deutsch
AusgabeTaschenbuch
Seitenzahl400
VerlagOmnino Verlag
Erscheinungsdatum:29.07.2024

Unter der Sonne von Somaliland

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