Die Garnett Girls

von Georgina Moore

»Die Garnett Girls« von Georgina Moore - Buchcover | Buchblog der Buchleserin

Ein süchtig machendes Familiendrama vor der atemberaubenden Kulisse der Isle of Wight

Margos und Richards Liebesgeschichte war feurig, verboten und alles verzehrend. Als sie zerbrach, blieb auch Margo gebrochen zurück. Sie hat danach nie wieder ein Wort über den Mann verloren, der seine Familie so im Stich gelassen hat. Margo Garnett hat sich ein buntes Leben voller Affären und Partys erschaffen, das sie trotz der Missbilligung ihrer Töchter in vollen Zügen genießt. Rachel, Imogen und Sasha hingegen kämpfen sich gerade eher durchs Leben – jede mit ihren eigenen Problemen. Und eines der Garnett Girls trägt auch noch ein Geheimnis mit sich herum, das die Familie in ihren Grundfesten erschüttern wird…

Auszug des Klappentexts

Ein bewegendes Familienporträt – schonungslos und emotional

Ein paar Worte vorweg

Der Roman »Die Garnett Girls« von Georgina Moore wurde mir im Rahmen einer Auslosung zu einer Leserunde bei LovelyBooks zur Verfügung gestellt.

Der Klappentext machte mich neugierig, und ich fand den Gedanken inspirierend, die Meinungen und das Leseempfinden bzgl. eines in Deutschland noch nicht erschienenen Buchs von anderen Teilnehmern zu lesen – doch dazu später mehr.

Ein berauschendes Debüt

Georgina Moore platzierte einen wahren Volltreffer: Mit ihrem fulminanten Debütroman »Die Garnett Girls« eroberte die Autorin direkt die Sunday-Times-Bestsellerliste.
Moore arbeitete jahrelang in der Verlagsbranche und war zuvor als Buchhändlerin tätig. Auf den ersten Blick ein Vorteil – sie kennt die Branche und ist dort gut vernetzt. Doch genau darin lag auch eine Herausforderung: Sie wusste, dass sie nur einen Versuch haben würde, um zu überzeugen – beste Kontakte hin oder her. Doch mit dem Roman »Die Garnett Girls« ist ihr genau das gelungen.
Das Buch entstand während des Lockdowns in der Pandemie. Georgina Moore ließ sich von der wachsenden Sehnsucht nach ihrem ganz persönlichen Happy Place – der Isle of Wight – inspirieren und schuf mit ihrer besonderen Familiengeschichte zugleich eine Hommage an die kleinen Gemeinden, in denen Familien über Generationen hinweg leben – wie etwa Seaview, dem Schauplatz des Romans.
Georgina Moore lebt heute mit ihrer Familie und ihrem Border Terrier Bomber auf einem Hausboot, das vor der Insel Tagg’s Island auf der Themse in London verankert ist.

Zwischen Schweigen und Sehnsucht

Im Roman »Die Garnett Girls« wird die Geschichte von Margo Garnett und ihren drei Töchtern, die auf der Isle of Wight aufwachsen, erzählt. Rachel ist die älteste und scheinbar im Leben angekommene Tochter, die nun mit ihrer eigenen Familie im berühmtberüchtigten Sandcove Cottage lebt. Imogen ist das brave und in sich gekehrte »Sandwich-Kind«, und Sasha die Jüngste im Bunde.
Margo ist eine durch und durch charismatische und ausnehmend exzentrische Mutter. Gegen den Willen ihrer eigenen Eltern verließ sie bereits in jungen Jahren die Familie, um mit ihrer großen Liebe Richard zusammen sein zu können. Nach einigen Jahren Ehe und der Geburt ihrer drei Töchter verlässt Richard die Familie – plötzlich und ohne Erklärung. Für Margo bricht eine Welt zusammen – sie verfällt in Lethargie und zieht sich völlig zurück.
Nun liegt es an Margos Schwester Alice und einigen Freunden, sich um das Wohl der Mädchen zu kümmern. Eine dramatische Zeit im Sandcove Cottage beginnt. Allmählich findet Margo zurück ins Leben, kümmert sich wieder um ihre Kinder und füllt die Lücke, die Richards Verschwinden hinterlassen hat, mit legendären Partys und kurzlebigen Affären.
Diese tiefen Einschnitte im Familienleben haben bei allen Garnett Girls deutliche Spuren hinterlassen.
Können sich die Schwestern jemals von der traumatisierenden Vergangenheit befreien? Oder wird das erschütternde Geheimnis, das eine von ihnen mit sich trägt, die Familie endgültig zerstören?

Ein Roman wie das Leben selbst

Georgina Moore erzählt die Geschichte »Die Garnett Girls« aus wechselnden Perspektiven und ergänzt durch eingestreute Rückblenden in die Vergangenheit der einzelnen Protagonisten. Durch diese Blickwechsel bekommt man nach und nach einen tieferen Einblick in die Geschichte und Gefühlswelt der verschiedenen Figuren.

Die Autorin vermag es, die Szenerien ungeschönt, ausdrucksstark und bildgewaltig auszugestalten: Es wird getrunken (und zwar in Unmengen), es wird gestritten, gelogen, betrogen und geliebt – in all den unterschiedlichen Facetten.
In ihrer Geschichte um eine verlassene Mutter und ihre drei sehr unterschiedlichen Töchter spielt sie äußerst gekonnt mit menschlichen Abgründen wie Verrat, Lügen, Betrug, Misstrauen und Missgunst und hat dabei zeitgleich bedingungslose Liebe, Selbstzweifel, Frust, Einsamkeit, Depression, Sucht und verlorene Lebenswege sowie das explosive Wechselspiel zwischen Dominanz und Unterwerfung eingebunden – und zwar alles innerhalb einer normalen Familie und an einem malerischen Spielort.
Dieses Wechselspiel zwischen Schönheit und Liebe einerseits und den verzweifelten, dunklen Seiten des Lebens andererseits wurde derart fesselnd umgesetzt, dass ich das Buch, trotz der wenigen positiven Elemente, kaum aus der Hand legen konnte.

Ein Porträt innerer Brüche

Besonders überrascht und beeindruckt hat mich die Tiefe der Figuren. Kein Protagonist war mir auf Anhieb besonders sympathisch, und die meisten Handlungen und Entscheidungen empfand ich als unpassend und falsch. Aber so sind wir Menschen: selten perfekt und schon gar nicht frei von Fehlern – weder im Großen noch im Kleinen.

Deshalb möchte ich die stimmig ausgearbeiteten unterschiedlichen Wesenszüge der Figuren hervorheben. Als Autor*in kann man literarisch alles aufgreifen, was man vielleicht in der realen Welt beobachtet hat. Deshalb denke ich, dass die Figuren in diesem Roman der Realität ziemlich nahekommen – auch wenn sie aus dramaturgischen Gründen teilweise überspitzt dargestellt sind und innerhalb dieser Familie sehr extrem wirken. Besonders gefallen mir die feinen Nuancen zwischen den Zeilen; sie herauszuarbeiten ist der Autorin aus meiner Sicht hervorragend geglückt. Denn sie zeigt alle Facetten auf und lässt dem Leser genügend Raum für eigene Gedanken und Gefühle.

Auch die Tatsache, dass die Autorin den Schwestern Raum gibt, in ihrer Beziehung zueinander zu wachsen, ist überzeugend umgesetzt. Es bereitet mir Freude, diese Entwicklung zu verfolgen – und vielleicht liegt hierin der Reiz der Geschichte für mich: diese kunstvolle Auseinandersetzung mit der hellen und dunklen Seite der Menschen, die innerhalb einer Familie bespielt wird.

Mit ihrem Sprachstil vermochte Georgina Moore noch etwas: Sie zog mich förmlich in die Geschichte. Ich wollte gar nicht selbst überlegen, was noch alles passieren könnte und wie die Geschichte endet. Nein, ich war gefangen und wollte weiter beobachten, still und leise die Entwicklung der Figuren verfolgen.

Da war noch was…

Die eingangs erwähnte Teilnahme an einer Leserunde vor dem offiziellen Erscheinen des Romans war für mich eine ganz besondere Erfahrung.
Es war spannend, die verschiedenen Meinungen und Eindrücke der anderen Teilnehmer zu lesen und direkt mitzuerleben, wie unterschiedlich die Geschichte wahrgenommen wurde. Diese Auseinandersetzung mit anderen Perspektiven hat meine eigene Lesereise bis zu einem gewissen Punkt bereichert.

Doch dann haben mich leider die Beiträge und Kommentare beim Fortschreiten der Geschichte zunehmend ratlos zurückgelassen: Zum einem wurde massiv gespoilert, und das geht für mich gar nicht. Zum anderen wurden die Figuren entromantisiert, vermenschlicht und die dramaturgischen Wendungen moralisiert. Statt weiterhin über die literarische Arbeit der Autorin und die gesellschaftlichen Problematiken zu diskutieren, die im Roman verarbeitet werden, änderte sich aus meiner Sicht die Tonlage der Runde.
Um mein eigenes Lesevergnügen nicht zu trüben, habe ich das Buch ohne die Beeinflussung der Runde gelesen und erst danach meine Gedanken zum Werk in die Gruppe eingebracht.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass es faszinierend war, zu erfahren, wie unterschiedlich die Wahrnehmung einer Erzählung und die Herangehensweise an ein Buch sind. Deshalb habe ich für mich entschieden, vorerst nicht mehr an solchen Runden teilzunehmen, um meine Gedanken zu einem Buch völlig ungestört zu sortieren und sie anschließend hier mit euch zu teilen.

Meine Schlussgedanken

Der Roman »Die Garnett Girls« von Georgina Moore vereint alles, was ein gutes Buch ausmacht: eine emotional aufwühlende Familiengeschichte, angesiedelt vor einer atmosphärischen Kulisse – wie etwa in dem in die Jahre gekommenen Sandcove Cottage an der Küste Englands. Dazu ein tiefgreifendes Geheimnis, das das Leben der drei Schwestern erschüttert und beinahe ihr Glück zerstört, ergänzt um eine Tonalität, die mich trotz der Schwere der Geschichte mit Leichtigkeit in den Roman eintauchen und das Buch kaum aus der Hand legen ließ.
Der Roman ist definitiv keine leichte Sommerlektüre, sondern ein lesenswertes und anspruchsvolles Mehrgenerationen-Buch.

Meine Bewertung

5-Sterne-Bewertung
Hinweis: Keine bezahlte Werbung. Danke an die Losfee für den Buchgewinn. :)
ISBN:978-3-462-00892-0
Sprache:Deutsch
AusgabeGebundenes Buch
Seitenzahl416
VerlagKiepenheuer & Witsch
Erscheinungsdatum:10.04.2025

Ein Haus voller Gefühle: Ein intensives Familiendrama

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