Das Wunder von Paradise Deep

von Michael Crummey

»Das Wunder von Paradise Deep« von Michael Crummey - Buchcover | Buchblog der Buchleserin



Eine epische Erzählung von Liebe, Überleben und Magie

Als an der Küste des abgelegenen Fischerdorfes Paradise Deep ein Wal strandet, finden die Bewohner darin einen stummen, nach Fisch riechenden Mann, der bald den Name Judah erhält. Ist er ein Geschenk Gottes oder ein Vorbote des Unheils?
In einer Welt, in der die Gezeiten Geschichten tragen und alte Fehden nie vergehen, entfaltet sich ein packendes Drama. »Das Wunder von Paradise Deep« führt tief in die raue Küstenlandschaft Neufundlands, wo Alltägliches und Unerklärliches zu einem faszinierenden Mythos zweier Familien verschmelzen, die über Generationen hinweg durch Leidenschaft und Rivalitäten unheilvoll miteinander verbunden sind.

Auszug des Klappentexts

Die geheimnisvolle Magie von Paradise Deep: Ein packender Blick auf ein Dorf, seine Menschen und die Mythen Neufundlands über Generationen hinweg

Mein Weg zu Paradise Deep

»Das Wunder von Paradise Deep« von Michael Crummey wurde mir vom Mitteldeutschen Verlag als Leseexemplar angeboten. Darüber habe ich mich riesig gefreut, weil ich es liebe, neue Autor*innen zu entdecken, bereits einige Bücher mit Neufundland als Handlungsort gelesen habe und dieses Werk nun die Realität mit Mythen kombiniert – perfekt, genau nach meinem Geschmack.

Ein Blick auf den Schriftsteller

Der kanadische Dichter und Schriftsteller Michael Crummey wurde 1965 in Neufundland geboren. Der Autor wuchs in der Bergarbeitersiedlung Buchans und in Wabush (Labrador) auf. Er absolvierte ein Bachelorstudium in Englisch an der Memorial University in St. John’s und legte seinen Master an der Queen’s University in Kingston (Ontario) ab. Bereits während des Studiums widmete er sich dem Schreiben von Gedichten. Crummey reiste und arbeitete in mehreren Ländern. So unterrichtete er an unterschiedlichen Institutionen Kreatives Schreiben, bevor er sich als Schriftsteller in St. John’s niederließ. Er schreibt u. a. Gedichte, Kurzgeschichten und Romane und hat ein Sachbuch über Neufundland verfasst. Crummey hat bereits zwei Auszeichnungen entgegengenommen – für seine erste Gedichtsammlung und eine Kurzgeschichtensammlung. 2020 erschien sein Roman »Sweetland« (Mitteldeutscher Verlag) und 2021 »Die Unschuldigen« (Eichborn Verlag) als Übersetzungen auf dem deutschen Buchmarkt.

Die Geheimnisse von Paradise Deep

In seinem neuesten Buch »Das Wunder von Paradise Deep« schildert Crummey eindrucksvoll das harte Leben an der rauen Küstenlandschaft Neufundlands, fängt meisterhaft die komplexe Beziehung zwischen Menschen und der unbändigen Natur ein und verwebt gekonnt Mythen mit der Realität.

Der Roman »Das Wunder von Paradise Deep« erzählt die Geschichte eines mysteriösen Mannes, der nach der Strandung eines Wales am Strand des abgelegenen Fischerdorfs Paradise Deep entdeckt wird. Der Neuankömmling ist unheimlich: Bleich, stumm und penetrant nach Fisch stinkend. Die Dorfgemeinschaft ist noch fest im Aberglauben verankert und hin- und hergerissen zwischen der Frage, ob er ein Mensch oder ein Tier, ein Segen oder ein Fluch, ein Wunder oder ein Dämon ist.

Die Mehrzahl der Dorfbewohner will den unheimlichen Neuzugang aus Angst vor Unheil lieber töten. Doch die taffe Witwe Devin schreitet ein und nimmt sich des jungen Mannes an. Als Hexe verschrien und als Heilerin verehrt, lässt man sie gewähren. So findet der Mann, der den Namen Judah erhält, seinen Platz bei der Familie Devine. Seine Anwesenheit prägt nicht nur das Familienleben, sondern auch die Dorfgemeinschaft: Angst, Missgunst und Aberglauben sind mächtige Kräfte.

Als jedoch plötzlich die schwindenden Fischbestände kein Thema mehr sind, der tägliche Fang wieder üppig ausfällt und ein Hauch von Wohlstand ins Dorf zurückkehrt, verändert sich die Stimmung erneut. Allen drängt sich die Frage auf: Hat das etwas mit der Ankunft Judahs zu tun?

Und so begleitet man die Dorfgemeinschaft mit all ihren skurrilen Charakteren durch die Jahrzehnte, allen voran die beiden verfeindeten Familien um die Witwe Devine und dem selbsternannten Patriarchen King-me Sellers.

Die Enkelkinder der Witwe Devine und von King-Me Sellers – Mary Tryphena Devin und Absalom Sellers – sind noch Kinder, als der mysteriöse Judah an Land gespült wird und seinen Platz bei der Familie Devine findet. Eine Begegnung mit Folgen für alle Beteiligten. Die Witwe ist dem Dorfoberhaupt seit Jahren ein Dorn im Auge, und der Neuankömmling trägt nicht zur Entspannung der Situation bei.
So begleitet man die durch eine alte Fehde verbundenen Familien in dieser außergewöhnlichen Familiensaga. In der Erzählung »Das Wunder von Paradise Deep« wird über fünf Generationen geliebt, gekämpft, gelitten und neue Wege beschritten.

Der Blick hinter die Kulissen

In »Das Wunder von Paradise Deep« schreibt Crummey sehr eindringlich und zeitgleich wort- und bildgewaltig über das harte Leben der Fischergemeinschaft. Das geprägt ist von Entbehrungen und Armut in einer kargen Landschaft und gefangen in der Abgeschiedenheit. Dabei verwebt er gelungen regionale Mythen und spielt kraftvoll mit dem tief verwurzelten Aberglauben sowie dem spannungsgeladenen Weg zum christlichen Glauben – mal protestantisch, mal katholisch bekehrt. Jede seiner Figuren ist einzigartig und emotional eindrucksvoll ausgearbeitet. Sie sind durch und durch menschlich, von Geheimnissen umgeben, voller Intensität, vom Leben als Fischerfamilien geprägt und niemals frei von Fehlern. Doch eines verbindet alle Bewohner des Fischerdorfes: Es mag zwar viele Unstimmigkeiten und Streitigkeiten geben, doch am Ende siegt der Zusammenhalt, denn alle wissen, dass in der Abgeschiedenheit eine stabile Gemeinschaft überlebenswichtig ist.

Die Kraft der Worte

Crummey fängt die grandiose Landschaft der Region in eindrucksvollen Bildern ein und erzählt eine mystisch angehauchte, vielschichtige Geschichte über eine Gemeinschaft, die in der Abgeschiedenheit, ihren Traditionen, dem Aberglauben und der Sehnsucht nach einem besseren Leben gefangen ist.
Sein Schreibstil ist fesselnd und mitreißend, auch wenn der Lesende nur eine Beobachterrolle einnimmt. Dies liegt daran, dass man die Familien über mehrere Generationen hinweg begleitet und nicht einem einzelnen Protagonisten durch dessen persönliches Abenteuer folgt. Überraschenderweise empfand ich die distanzierte Beobachterrolle in dieser verflochtenen Familien- und Liebesgeschichte nicht als schwierig. Auch dass sich der Autor wirklich Zeit für die jeweils relevanten Charaktere genommen hat, ließ die Geschichte für mich nie langatmig oder langweilig erscheinen. Durch seine mystische und poetische Erzählkunst hat der Autor mich gefangen genommen.

Manchen Lesenden könnten die etwas ungewohnte Kennzeichnung der wörtlichen Rede mit einem Gedankenstrich anstelle von Anführungszeichen als problematisch empfinden. Für mich selbst war bereits in der Leseprobe diese stilistische Variante nicht störend, ich hatte sie nach den ersten Seiten längst verinnerlicht.

Mein Resümee

»Das Wunder von Paradise Deep« von Michael Crummey ist eine atmosphärische, anspruchsvolle Familiensaga, und dabei überraschend anders als erwartet.
Die Faszination des Romans liegt für mich eindeutig in der lyrischen Erzählkunst des Autors. Denn das Buch wirkt wie eine poetische Gesellschaftsstudie, die mit feinem Gespür die sozialen Strukturen und Konflikte innerhalb der betrachteten Gemeinschaft einfängt. Durch die fast feinsinnige Erzählweise des Autors wird die Komplexität der menschlichen Beziehungen und der tief verwurzelten Traditionen dieser Gemeinschaft auf eine kunstvolle und eindrucksvolle Weise zum Leben erweckt.

Meine Bewertung

5-Sterne-Bewertung
Hinweis: Werbung - Rezensionsexemplar | Vielen lieben Dank an den Mitteldeutschen Verlag für das Leseexemplar!
ISBN:978-3-96311-925-5
Sprache:Deutsch
AusgabeGebundenes Buch | Flexocover
Seitenzahl448
VerlagMitteldeutscher Verlag
Erscheinungsdatum:10.02.2025

Magische Erzählkunst von der rauen Küste Neufundlands

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