Eine Nachtigall in New York
Eine Thomas-Nightingale-Story von Ben Aaronovitch
Von den Flüssen von London nach New York
New York, 1920er-Jahre: Augustus Berrycloth-Young, Absolvent der Zauberschule Casterbrook, ist unangenehm überrascht: Denn unangekündigt steht sein alter Schulkamerad Thomas Nightingale vor der Tür und reißt ihn aus seinem behaglichen Leben.
Nightingale ist auf geheimer Mission nach New York geschickt worden, um ein verzaubertes Saxophon ausfindig zu machen, das seltsame Kräfte entfaltet, wenn es gespielt wird. Und ausgerechnet Augustus soll ihm helfen, dabei will er eigentlich nur das Dolce Vita genießen…
Auszug des Klappentexts
Nightingale und Aaronovitch auf Abwegen: ein nettes Buch, mehr nicht
Ein paar Worte vorweg
Wahrlich sehnsüchtig habe ich auf ein neues Buch von Ben Aaronovitch gewartet. Mit der Urban Fantasy Novelle »Eine Nachtigall in New York« hat der Autor einen weiteren Kurzroman geschaffen, welcher in etwa als Prequel zur Hauptbuchreihe »Die Flüsse von London« einzuordnen ist.
Der Schriftsteller will mit diesem Roman seinem wichtigsten Mann im Folly mehr Raum gewähren. Fern von seinem Zuhause in London agiert die »Nachtigall« nun in geheimer Mission in New York.
Das Buch »Eine Nachtigall in New York« ist eine Thomas-Nightingale-Story und spielt im Jahre 1920, sodass wir leider ohne den fantastischen Peter Grant auskommen müssen. Doch ohne einen Sidekick bleibt Thomas Nightingale nicht. Vorhang auf für: Augustus Berrycloth-Young
Ein magisches Universum
Wer meinen Blog regelmäßig liest, weiß Bescheid: Ich liebe die Buchreihe »Die Flüsse von London« von Ben Aaronovitch. Für mich ist es absolut unterhaltsam, in die Welt von Peter Grant und Thomas Nightingale abzutauchen und den Gefährten bei ihren Abenteuern zu folgen. Und daneben das sprachliche Talent sowie den Ideenreichtum des Schriftstellers zu genießen.
Ergänzend zu seiner Hauptreihe verfasst der Autor regelmäßig Kurzromane, welche das Peter-Grant-Universum abrunden und den unterschiedlichen Nebencharakteren Spielraum zur Entfaltung verschaffen. Tiefer will ich nicht ins Detail gehen, denn in meiner Buchbesprechung zur Kimberley-Reynolds-Story habe ich bereits über die Buchreihe berichtet.
Hinter den Zeilen
Der kreative Kopf der Novelle »Eine Nachtigall in New York« ist Ben Aaronovitch. Der britische Erzähler bevölkert seit Jahren die Besten-Listen, und ohne das rote Label »Bestseller-Autor« sind seine Bücher längst nicht zu haben. Bevor er von seinem Erfolg als Schriftsteller- und Drehbuchautor leben konnte, arbeitete er als Buchhändler in London. Aaronovitch entstammt einer politisch engagierten und diskussionsfreudigen Familie, sodass es schon fast logisch erscheint, dass er mit einer derartigen Wortgewandtheit gesegnet ist.
Ein Abstecher nach New York
Wie der Buchtitel »Eine Nachtigall in New York« es verrät, verschlägt es Thomas Nightingale in die amerikanische Metropole. Unangekündigt besucht er seinen ehemaligen Schulkameraden Augustus (kurz: Gussie). Dieser zog sich nach verschiedenen Eskapaden auf englischem Boden nach Amerika zurück, um den gestrengen Regeln und den kritischen Augen der alten Stockfische des Follys zu entfliehen.
Begeistert von dem unerwarteten Besuch ist Augustus nicht, schließlich hatte er sich gerade gemütlich in seinem neuen Leben in New York eingerichtet. Ein Besuch von Thomas – dem besten Mann des Follys – verheißt mehr Aufregung, als Gussies erfreuliches und von Dolce Vita geprägtes Leben verträgt.
Die englische Etikette und die gemeinsamen Jahre in der Zauberschule Casterbrook sorgen dafür, dass er Thomas eine Unterkunft und seine Unterstützung anbietet, wenngleich sich Augustus zunehmend um sein wohlgeordnetes und genussvolles Dasein fernab von London sorgt.
Wie Gussie es vermutet hat, bleibt die heimliche Mission um ein verzaubertes Saxophon nicht lange geheim. Die Gefahr lauert an allen Ecken, und von Dolce Vita ist längst keine Spur mehr.
Wie kann es Augustus gelingen, seinem ehemaligen Gefährten zu helfen, ohne seine neuen Freunde zu gefährden und unbeschadet sein beschauliches Leben in New York aufrechtzuerhalten?
Mehr recht als schlecht
Mit »Eine Nachtigall in New York« gab es endlich frischen Lesestoff vom Autor. So groß meine Erwartungen waren, war auch meine Enttäuschung. Mich hat das Buch nicht überzeugt. Ich behaupte sogar, dass es eine seiner schwächsten Arbeiten ist.
Rasch beschlich mich das Gefühl, dass das Werk nicht zu Ende gedacht worden ist. Der Verfasser möglicherweise unter Druck stand, um zügig neues Material abzuliefern.
Zu Beginn hat mich die überschaubare Länge des Buchs irritiert. Allerdings ist es bekannt, dass Zusatzgeschichten oft in kürzerem Format erscheinen.
Der Einstieg in die Handlung gelang mühelos und machte neugierig auf mehr. Die Sprache war angenehm und flüssig zu lesen, auch wenn sie nicht die gewohnte Brillanz und Tiefe erreichte, die man sonst von diesem Autor kennt. Der Autor hat die Szenerie der 1920er Jahre in gewohnter Weise bildhaft veranschaulicht und damit die nötige Stimmung kreiert.
Was mir jedoch störend auffiel, war die Sprunghaftigkeit der Handlung. Der Plot war für meinen Geschmack zu hastig erzählt und insgesamt zu wenig präsent. Man marschiert von einem Eck der Stadt ins andere, begegnet unzähligen Nebenfiguren, und trotz dieser Begegnungen passiert nicht wirklich etwas. Ein paar nette Dialoge hier, ein Quäntchen Magie dort und ein roter Faden, der unaufgeregt wie ein schlaffes Fähnchen in einem lauen Lüftchen vor sich hin weht.
Ein gestraffter Spannungsbogen aufgrund einer fesselnden Novelle präsentiert sich nicht. Und so bleibt von der Handlung rund um das verschwundene Saxophon leider auch wenig hängen.
Der Titelzusatz zum Buch »Eine Nachtigall in New York« weist darauf hin, dass es sich um eine Thomas-Nightingale-Story handelt, und dafür wurde der Hauptcharakter erschreckend farblos und wenig greifbar dargestellt. Der aktuelle Sidekick – Augustus Berrycloth-Young – hätte das Potenzial gehabt, um als schillernder Nebencharakter in dem neuen Setting zu brillieren. Trotz all der Bemühungen seinerseits blieb er ebenfalls blass und schrecklich konturlos.
Mein Fazit
Mit seinem Werk »Eine Nachtigall in New York« hatte der Autor leider kein glückliches Händchen. Zwar erahnt man sein Können, doch die überraschende Mittelmäßigkeit dieses Buchs passt nicht zu seinen bisherigen Arbeiten. Liebt man die Bücher von Ben Aaronovitch, wird dieser Roman vermutlich eher enttäuschen.
Meinerseits erhoffe ich mir bald einen weiteren Roman von ihm, in dem der Autor sein ganzes Können im Bereich schräger, witziger Urban Fantasy ausspielen wird. Ich wünsche mir einen Roman in dem seine Figuren wortgewaltig in einer verrückt-magischen Welt mit Hilfe der »Abteilung für abstrusen Scheiß« neue abgedrehte Abenteuer bestehen müssen – ein Urban Fantasy-Abenteuer der Extraklasse!
Meine Bewertung
Hinweis: Keine bezahlte Werbung.
ISBN: | 9-783423-22079-8 |
Sprache: | Deutsch |
Ausgabe | Taschenbuch |
Seitenzahl | 208 |
Verlag | dtv Verlagsgesellschaft |
Erscheinungsdatum: | 12.09.2024 |
New York, 1920: Fantasy trifft auf Jazz