Das muss das Boot abkönnen

von Stefan Kruecken

»Das muss das Boot abkönnen« von Stefan Kruecken - Buchcover | Buchblog der Buchleserin

Durch Sturm und Krise. Was wir von Kapitänen lernen können

In einem Sturm zeigt sich, was wirklich wichtig ist – auf See wie im Leben. Wenn irgendjemand weiß, worauf es in einem Orkan ankommt, dann sind es Kapitäne. Sie brachten Schiff und Crew heil in den Hafen zurück. Kann man von ihnen etwas lernen? Ja, das können wir!

In Gesprächen mit mehr als 150 Kapitänen sammelte er die besten Strategien, um die eigene Familie, Firma oder sich selbst durch den Orkan zu bekommen. Denn wir sind mitten in einem Sturm. Krieg in Europa, Corona, Populismus von Rechts wie von Links. Umso wichtiger, einen klaren Kurs ohne Angst zu halten.

Mut statt Wut.

Auszug des Klappentexts

Erzählungen von Kapitänen – und was wir von ihnen lernen können

Ein paar Gedanken und Worte vorweg

Dieses Buch in eine Kategorie einzuordnen ist schwierig: Kernthema sind Geschichten von und über Kapitäne, aus der jüngeren Vergangenheit genauso wie aus historischen Überlieferungen. Damit allein würde das Buch in die Kategorie »Biografien« gehören. Der Autor zieht in den Erzählungen an vielen Stellen jedoch Parallelen von den Verhältnissen an Bord von Schiffen zu aktuellen politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen, womit »Das muss das Boot abkönnen« auch ein politisches Buch ist.

Zum Autor

Stefan Kruecken ist Inhaber des Ankerherz-Verlags, den er 2007 mit seiner Frau gründete. Zuvor hat er als freier Polizeireporter für den Kölner Stadt-Anzeiger und für die Chicago Tribune gearbeitet. Er ist neben seiner Verlags- und Autorentätigkeit weiterhin als freier Journalist für verschiedene Magazine tätig und betreibt den Radiosender Radio Ankerherz, in dem regelmäßig über Geschehnisse rund um die See berichtet wird.

Mit seinem Verlag ist Stefan Kruecken in der Flüchtlingshilfe engagiert und setzt sich für die Seenotrettung von Flüchtlingen ein. Dieser passionierte Einsatz provoziert leider auch aggressive Reaktionen aus dem vorwiegend rechten Spektrum, die von verbalen Attacken auf Social Media bis hin zu Gewalt- und Morddrohungen reichen. Einige Lesungen fanden unter Polizeischutz statt.

Die vielen Gesichter des Kapitäns

Das Bild des Kapitäns beleuchtet der Autor von allen Seiten und bedient sich dabei zahlreicher Interviews, die er dazu selbst mit Schiffskapitänen geführt hat. Ihre Rolle wird nicht glorifiziert, wenn auch hier meist vorbildliches Verhalten ein starkes Gewicht in den Erzählungen erhält. Ihre Bescheidenheit und stoische Zurückhaltung, die wortkarge Ablehnung irgendwelcher Lobenshymnen, die der Autor als Feedback auf seine Interviewfragen oft erhielt, zeichnet sie als pragmatische, besonnene Führungspersönlichkeiten aus, die ihren Job machten und machen. Nicht unerwähnt bleiben die schwarzen Schafe unter den Seemännern, die brutalen Schinder auf den Seglern der vergangenen Jahrhunderte ebenso wie der eitle Kapitän der Costa Concordia, der das Passagierschiff im Mittelmeer auf Grund laufen ließ und als einer der Ersten von Bord flüchtete.

Die Erzählungen über das Leben an Bord von Hochseefähren, Frachtern, Fischtrawlern und den Dampfschiffen im 19. Jahrhundert sind teils hochdramatisch. Stürme, Orkane, Monsterwellen auf dem Nordatlantik, Irrfahrten am Rande der Antarktis, Maschinendefekte und führerlose Schiffe: Manche der beschriebenen kleinen und großen Katastrophen konnte ich mir vorher nicht vorstellen. Nichts davon klingt wie Seemannsgarn und hätte absolut das Zeug zu einem weiteren Hollywoodfilm.

Kapitäne als Vorbilder in stürmischen Zeiten

Durch das ganze Buch hinweg verspürt man die Passion des Autors für die See und die Kapitäne, die sie befahren. Der Begriff » Bewunderung« wäre hier zu viel und würde wahrscheinlich bei den Kapitänen gar nicht gern gehört werden. Die Berichte zeugen eher von Respekt und Anerkennung für einen Beruf, der ebenso Berufung ist und dem so manches Klischee anhaftet. Nach dem Lesen des Buchs hat man ein anderes, differenzierteres Bild der Menschen auf den Brücken.

Wie im Klappentext angekündigt, schafft Stefan Kruecken in „Das muss das Boot abkönnen“ den Brückenschlag von den Tätigkeiten und der wichtigen Rolle von Kapitänen zu aktuellen gesellschaftlichen und politischen Ereignissen und Strömungen. Angesichts der Pandemie, Kriegen, dem Erstarken nationalistischen und völkischen Gedankenguts, der Verbreitung von Hass, Hetze und Ausländerfeindlichkeit halten die besonnenen Kapitäne, die noch im Auge des Orkans Ruhe und Überblick behalten und dadurch Crew und das Schiff in sichere Häfen steuern, als Vorbild her.

Die Botschaften des Buchs

Das Bedauern darüber, dass es aktuell bedauernswert wenige Politiker gibt, die annähernd diese Führungsqualitäten mitbringen, äußert der Autor wenig subtil zwischen den Zeilen. Die Botschaft ist klar. Stefan Kruecken macht keinen Hehl daraus, was er von der Polemik mancher Politiker hält oder von der von vielen Seiten befeuerten Spaltung der Gesellschaft, die sich – für ihn als Autor und Verleger im Besonderen, der sich öffentlich klar zu diesen Themen positioniert – in Hassposts auf Social Media manifestieren.

Wer dem Ankerherz-Verlag in den sozialen Medien folgt und die teils heftigen Shitstorms verfolgt, denen sich dieser ausgesetzt sieht, kann umso mehr nachvollziehen, warum es Stefan Kruecken wichtig ist, auch in den Büchern wie »Das muss das Boot abkönnen« klar Stellung zu beziehen. Es wäre infam, ihm dies als verkaufsfördernde Masche zu unterstellen. Nur zur Erinnerung: Wer Lesungen aus Büchern über die See in Anwesenheit von Personenschützern durchführen muss, hat nicht in erster Linie Verkaufszahlen im Sinn.

Es ist bedauerlich, dass mache Leser diese starke Haltung zum Anlass nehmen, negative Rezensionen zu veröffentlichen. Der Klappentext weist auf die politische Einstellung des Autors hin, und wer sich auch nur ein wenig mit ihm und seinem Verlag auseinandergesetzt hat, sollte diese kennen. Insofern kann ich nur mutmaßen, dass die angebliche Unkenntnis des Buchinhalts im Vorfeld als Argument für Ein-Stern-Bewertung nur der Deckmantel für die persönliche Ablehnung gegenüber dem Autor dienen.

Ja, gut, und das Buch?

Jetzt habe ich ziemlich viel über den Inhalt und den Autor geschrieben. Wie liest sich das Ganze?

Zunächst zur Aufmachung: Das Buch »Das muss das Boot abkönnen« wird ausschließlich als großformatiges Hardcover vertrieben, der Schutzumschlag umschließt ein hochwertig verarbeitetes Buch im dunkelblauen Leineneinband mit Fadenbindung. Eingestreut zwischen die Erzählungen finden sich seitenfüllende, teils zweiseitige Farbaufnahmen von der See sowie Zitate in weißer Schrift auf schwarzem Hintergrund. Insgesamt ist das Buch erstklassig verarbeitet.

Wie oben schon erwähnt, sind die Geschichten rund um die Kapitäne gut gewählt und übermitteln Stefan Krueckens Anerkennung für ihren Berufsstand auf sehr direkte Weise. Man merkt der Erzählweise die langjährige journalistische Tätigkeit des Autors an, geradeheraus, mal nüchtern berichtet, dann wieder emotional und spannend. Durch die kompakte Wiedergabe der Interviewinhalte und historischen Überlieferungen liest sich das Werk äußerst kurzweilig und lässt sich schwer aus der Hand legen.

Ein (sehr persönliches) Fazit

Man liest es in meiner Buchbesprechung zwischen den Zeilen, dass ich – ähnlich wie Stefan Kruecken gegenüber den Kapitänen – dem Autor meine Anerkennung zolle, über Inhalt und Qualität des Buchs »Das muss das Boot abkönnen« hinaus.
In diesen Zeiten, wo hohe Werte wie Respekt, Empathie, Zurückhaltung und Demut immer mehr schwinden und Überheblichkeit, Egoismus und Hass Platz machen, braucht es Menschen mit einer klaren und soliden Haltung.
Der Autor schafft es, mit seinem Buch genau diese positiven Werte auf bemerkenswerte Weise zu thematisieren und in den Berichten von den Kapitänen zu transportieren. Und wird damit auch ein bisschen zu einem Vorbild. Auch wenn er es nicht hören will.

Meine Bewertung

5-Sterne-Bewertung
Hinweis: Keine bezahlte Werbung.
ISBN:978-3-945877-53-1
Sprache:Deutsch
AusgabeGebundenes Buch
Seitenzahl194
VerlagAnkerherz Verlag
Erscheinungsdatum:30.11.2022

Erzählungen von Kaptitänen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert