Die Radleys
von Matt Haig
Lernen Sie die Radley kennen – eine völlig verbissene Familie …
Die Radleys sind eine ganz normale Familie. Aber warum flüchtet jedes Tier vor Tochter Clara, und warum kann Sohn Rowan trotz Lichtschutzfaktor 60 nicht in die Sonne?
Auszug des Klappentexts
Was die beiden nicht wissen: ihre Eltern Helen und Peter haben ihnen ein klitzekleines Detail verschwiegen. Die Radleys sind abstinente Vampire. Doch nach einem blutigen Vorfall müssen sie ihren Kindern endlich reinen Wein einschenken. Es kommt aber noch ein weiteres Problem auf die Radleys zu: Peters Bruder Will, ein ganz und gar nicht abstinenter Vampir …
»Die Radleys« – einfach mal „durchbeißen“ und sich überraschen lassen.
Ein paar Worte vorweg.
Heute widme ich mich dem Roman »Die Radleys« von Matt Haig, und das nicht, weil das Buch bzw. der Autor bei TikTok gehypt wird. Mitnichten, sondern einfach nur, weil ich der Ansicht bin, dass auf jedem Buchblog mindestens ein Vampir-Roman vertreten sein sollte. 🙂
Zugegeben, ich bin der Zielgruppe der herkömmlichen Vampirliteratur schon längere Zeit entwachsen. Allerdings gefiel mir die Idee zu dieser etwas anderen Vampirgeschichte.
Der bekannte Schreiber.
»Die Radleys« heißt die aktuell veröffentlichte Geschichte von Matt Haig. Den Autor entdeckte ich vor 10 Jahren durch seinen Roman »Ich und die Menschen«. Ein außergewöhnliches Buch, welches mir in guter Erinnerung blieb.
Der britische Journalist und Schriftsteller ist inzwischen in die Riege der Besteller-Autoren aufgestiegen, und sein wahrscheinlich bekanntestes Werk »Die Mitternachtsbibliothek« liegt seit längerem auf meinem Lesestapel und wartet auf seinen Einsatz.
Den Erfolg von Haigs Büchern sehe ich in seiner tiefgründigen Art, seinen Figuren Leben einzuhauchen, gespeist durch die eigenen Erfahrungen mit Depression, einer Angststörung und seiner Beobachtungsgabe. Das sind keine bequemen Themen, und ich mutmaße, dass diese literarische Verarbeitung eine gewisse Form der Selbsttherapie darstellt.
Gestatten: Familie Radley
»Die Radleys« sind auf den ersten Blick eine normale Familie. Mit einem alltäglichen Vorstadtleben und darauf bedacht nicht aufzufallen. Das Reihenhaus in Bishopthorpe ist nicht zu mondän, der Familienwagen nicht zu großspurig, und die Eltern bemühen sich um ein gediegenes Bild der Normalität, dazu engagieren sie sich in der Nachbarschaft bei verschiedenen Aktivitäten oder z. B. im örtlichen Buchclub.
Wären da nicht die kleinen Ungereimtheiten. Wie Tiere, die flüchten bzw. verstummen, wenn Tochter Clara auf der Bildfläche erscheint. Oder der schreckliche Ausschlag, von dem der Sohn Rowan geplagt wird. Trotz Lichtschutzfaktor 60 ist ein Aufenthalt in der Sonne für ihn kaum auszuhalten, und des Nachts leidet die ganze Familie unter einer seltsamen Schlafstörung.
Die Eltern, Helen und Peter, bemühen sich nach Kräften, das Bild einer typischen Familie aufrecht zu erhalten, doch die Teenager in der Familie machen es ihnen immer schwerer. Ein schrecklicher Vorfall bringt das wackelige Konstrukt zum Einsturz und die blutige Wahrheit kommt ans Licht. Leider ist das nicht das einzige Problem, denn Peters Bruder Will, ein ganz und gar nicht abstinenter Vampir, taucht nach Jahren der Abwesenheit bei der Familie auf.
Und damit sehen sich Helen und Peter gleich mit einer ganzen Reihe an Problemen konfrontiert: Wie nehmen Clara und Rowan das Familiengeheimnis auf? Was führt Will im Schilde, und kann man als Vampir dauerhaft abstinent leben?
Eine andersartige Vampirgeschichte.
Mit »Die Radleys« hat der Autor eine andere Art der Vampir-Literatur geschaffen. Aufgrund der Tatsache, dass die Story im Heute angesiedelt ist und ein Mix aus Coming of Age und Familiengeschichte darstellt, unterliegt man schnell der Mutmaßung, dass die anvisierte Zielgruppe eher der Fanbase von »Twilight & Co.« der Jugendbuchautorin Stephanie Meyer zuzuordnen ist.
Ich glaube, dass das Buch »Die Radleys« eher Fans des Klassikers »Interview mit einem Vampir« von Anne Rice oder der urkomischen Auseinandersetzung des Vampirismus und seiner Folgen von Christopher Moore z. B. in »Lange Zähne« anspricht, weil der Vampirismus in Haigs Werk nicht verherrlicht bzw. romantisiert wird und daneben die Schattenseiten beleuchtet.
Der Autor behandelt das Familienerbe eher sachlich und tatsachenbetont, vor allem bei den Absätzen, wenn die Kinder sich mit den neuen Erkenntnissen auseinandersetzen müssen. Diese Passagen in der Geschichte sind teilweise witzig geschrieben, und der trockene britische Humor darf zu Tage treten.
Frisch recycelt.
Matt Haig ist ein erfahrener Schriftsteller. Mit »Die Radleys« schuf er einen originellen Vampirroman, der erstmalig 2010 beim KiWi-Verlag erschien.
Mit der erneuten Veröffentlichung im Jahr 2024 des Buchs beim Droemer-Verlag richtet der Autor abermals das Spotlight der Aufmerksamkeit auf »Die Radleys«.
Die Erzählweise von Matt Haig ist locker, humorvoll und etwas weniger von der melancholischen Note geprägt, für die der Autor bekannt ist.
In diesem Roman gelingt Haig das Kunststück, die Problematik der Familie, mit all ihren täglichen Herausforderungen und Komplikationen des abstinenten Lebens und der unwissenden Kinder in einer eigenen Stimmung zu vermitteln. Zugleich lässt das spürbare Brodeln die nahenden dramatischen Schwierigkeiten erahnen, und dabei eine dezente positive Note anklingen.
Die Familie Radley setzt sich aus fünf Charakteren zusammen, aus deren Perspektive die Geschichte erzählt wird. Der Erzählstrang der Gegenwart wird um unterschiedliche Rückblicke und Erinnerungen ergänzt. Dadurch erhält man ein weitreichendes Bild über die Geschehnisse und den jeweiligen Hauptakteur. Bei den Protagonisten gefiel mir die Figurenzeichnung des Autors, und ebenso hervorzuheben sind die gelungene Auseinandersetzung mit der Thematik der Sucht und die in der Geschichte verarbeitete Gesellschaftskritik.
Eine unumstößliche Tatsache ist, dass ich mit dieser Entwicklung der Erzählweise nicht gerechnet habe. Aufgrund der Aufmachung des Covers, welches ich als stimmig empfinde, und den überschwänglichen Zitaten bezüglich des aufwallenden Humors bzw. Witz und zur Tiefgründigkeit im Innenteil des Bucheinbandes, entwickelte ich eine gewisse Erwartungshaltung an den Roman.
Ich freute mich beim Kauf des Buchs auf eine herrlich komische Vampirkomödie mit einer üppigen Portion an witzigen, bissigen (sorry für das Wortspiel) Dialogen und einer tiefgründigen Persiflage auf menschliche Verhaltensweisen.
Bekommen habe ich eine amüsante Familiengeschichte mit einer Prise Dramatik, einer Nuance Herzenswärme und ein paar scharfsinnigen Reflexionen.
Das Buch ist wahrlich unterhaltsam, für mich jedoch nicht der erhoffte Roman, der die Vampir-Literatur auf ein neues Level hebt.
Mein Fazit zur Neuauflage.
Liest man gern die bewährten Geschichten des romantisch-verklärten Vampir-Genres, so sind »Die Radleys« das falsche Buch. Mag man die bekannteren literarischen Werke von Matt Haig, können die Tonlage und die Geschichte des Romans überraschen und trotz alledem anständig unterhalten.
Mich hat diese Vampirgeschichte überrascht, und sobald ich mich von meiner ursprünglichen Erwartungshaltung loslöste, boten »Die Radleys« mir ein kurzweiliges Lesevergnügen.
Meine Bewertung
Hinweis: Keine bezahlte Werbung.
ISBN: | 978-3-426-30831-8 |
Sprache: | Deutsch |
Ausgabe | Taschenbuch |
Seitenzahl | 432 |
Verlag | Droemer Taschenbuch |
Erscheinungsdatum: | 02.05.2024 |
Ein bissiger Familienroman