Der Traum von einem Baum

von Maja Lunde

»Der Traum von einem Baum« von Maja Lunde - Buchcover | Buchblog der Buchleserin

Das große Finale des Klimaquartetts

Eine Kammer hoch im Norden, gefüllt mit Pflanzensamen aus aller Welt. Drei Brüder und ihre Großmutter, vereint in der Hoffnung, dieses letzte Band zwischen Mensch und Natur zu behüten.
Tommy wächst in der kargen Landschaft Spitzbergens mit zwei Brüdern bei seiner geliebten Großmutter auf. Als wichtigste Lebensweisheit gibt sie ihm mit: In einer großflächig zerstörten Welt ist die Saatgutkammer ein Schatz, der mit allen Mitteln beschützt werden muss. Tommy soll diese Aufgabe später von seiner Großmutter übernehmen. In eindrucksvollen Bildern und mit viel Wärme erzählt Maja Lunde von der Bedeutung des Familienzusammenhalts und von unserem Umgang mit der Natur. Sie beschäftigt sich mit den drängenden Fragen unserer Zeit: Wie wurde der Mensch zu einer Spezies, die alles verändert hat? Und sind wir selbst eine bedrohte Art?

Auszug des Klappentexts

Eine erschreckend realistische Dystopie mit einigen Längen

Der Abschluss des Klimaquartetts

Mit »Der Traum von einem Baum« beendet die norwegische Ausnahmeerzählerin Maja Lunde das so genannte Klimaquartett, das aus den Büchern »Die Geschichte der Bienen«, »Die Geschichte des Wassers«, »Die Letzten ihrer Art« und »Der Traum von einem Baum« besteht.
Die anderen drei Bücher der Reihe habe ich ebenfalls gelesen, allerdings, bevor ich mit meinem Buchblog begonnen habe. Für das Verständnis des vorliegenden vierten Buchs ist die Kenntnis der anderen Bücher nicht erforderlich, auch wenn uns einige Charaktere aus Band 1 und 2 genauso wiederbegegnen wie die grundlegende Thematik der Umweltzerstörung und dem Überleben der Menschheit.

Die Bestseller-Autorin

Maja Lunde ist eine etablierte Autorin. Sie stammt aus Norwegen und ist Mutter von drei Kindern. Ursprünglich studierte sie Literatur mit dem Nebenfach Psychologie, widmete sich der Medien- und Kommunikationswissenschaft mit der Spezialisierung auf die Filmgeschichte. Dieser Bildungsweg führte sie konsequenterweise in die Kultur- und Filmbranche, mit dem Ergebnis, dass Maja Lunde eine erfolgreiche Drehbuchautorin wurde.
Bei Drehbüchern sollte es nicht bleiben. 2012 veröffentlichte sie ihr erstes Kinderbuch »Über die Grenze«, eine Geschichte über jüdische Kinder, und im Jahr 2015 erschien »Die Geschichte der Bienen«. Seitdem hat die Autorin sich einen Namen geschaffen, ist dafür bekannt, ernste Themen großartig zu verpacken. Ihre kritische Auseinandersetzung mit Umwelt- und Politikthemen fesseln die Lesenden in vielen Ländern.

Überleben jenseits des Polarkreises

Im Jahr 2110 erhält der junge Tommy von seiner Großmutter die wichtige Aufgabe des Wächters über die internationale Saatgutkammer auf Spitzbergen. Hier lagern die Länder der Welt die Samen zahlloser Pflanzen, um aus diesen im Katastrophenfall neues Leben entstehen lassen zu können und das Überleben der Menschheit zu sichern. Nach einer Pandemie in der Gemeinschaft des kleinen Ortes bleiben nur Tommy, seine beiden kleinen Brüder sowie die gleichaltrige Rakel und deren kleine Schwester zurück. Die kleine Gruppe meistert dank eines teilweise automatisch bewirtschafteten Gewächshauses und einigem Geschick bei der Jagd das Leben auf dem kargen Eiland nördlich des Polarkreises. Trotzdem kommt es zu Spannungen zwischen den jungen Menschen, als eine Expedition aus China eintrifft, um Zugang zur Saatgutkammer zu erhalten.

Diesmal nur eine kleine Welt

Anders als in den Vorgängerbänden erzählt Maja Lunde in dem Roman »Der Traum von einem Baum« fast ausschließlich auf einer einzigen Zeitebene und wechselt nicht zu zwei oder drei verschiedenen Protagonisten in unterschiedlichen Epochen. Dadurch bleibt der Autorin viel Zeit und Raum, um die Gedanken- und Gefühlswelt der wenigen Charaktere eindringlich zu beschreiben.
Im Zentrum steht dabei Tommy, der gleich zu Beginn der Geschichte einen weiteren schweren Schicksalsschlag hinnehmen muss. Während seines inneren Kampfs erfahren wir in Rückblenden, wie es zu der verzweifelten Situation gekommen ist, in der sich der junge Mann befindet. In Andeutungen lässt sich erahnen, dass es neben der globalen, die Menschheit bedrohenden Katastrophe auch im Kleinen, innerhalb der kleinen Gemeinschaft auf Spitzbergen, zu einem Unglück gekommen ist.

Maja Lunde schafft es, trotz der häufigen Sprünge zwischen dem Hier und Jetzt und Tommys Erinnerungen, eine schlüssige Geschichte zu erzählen. Man entwickelt Verständnis für die Handlungen der Figuren, und nur ganz selten fragte ich mich, warum jemand etwas Bestimmtes sagt oder tut.

Ein Abschluss mit Beigeschmack

Der Schreibstil der Autorin nimmt einen wie auch in den Vorgängerwerken gefangen. Sie schafft es mit Leichtigkeit, Bilder im Kopf entstehen zu lassen und in die spröde Natur der nordischen Inselwelt zu entführen. Die Konflikte zwischen den Charakteren sind genauso fühlbar wie ihre inneren Kämpfe. Zwischen diesen Abschnitten ist dann noch Platz für philosophische Dialoge und ein wenig Poesie.

Trotzdem »fühlt« sich »Der Traum von einem Baum« anders an als die anderen Bücher. Wieder legt Maja Lunde den Finger in die Wunde und mahnt mit der emotionalen Story um Tommy und seine kleine Gemeinschaft zur Achtung der Natur und dem Zusammenhalt zwischen den Menschen, der unser Überleben erst ermöglicht. Die Message verblasst bei diesem Band allerdings hinter dem gefühlsbeladenen Plot, und ich fragte mich manchmal, wie wichtig der Buchtitel eigentlich noch als Teil der Geschichte ist. Die globale Katastrophe wird lediglich angedeutet und hätte als sinnstiftender Rahmen für den Gesamtverlauf der Story und einige verzweifelte Handlungen der Figuren gut herhalten können. Außerdem hätte sie das Klimaquartett am Ende wirklich abgerundet.

Ein wenig Hoffnung gibt der Abschluss des Buchs zwar mit, ein tragischer, fast trostloser Beigeschmack bleibt jedoch zurück, der schwerer wiegt als bei den drei Büchern zuvor. Natürlich will Maja Lunde wachrütteln, und ein kitschiges »Wir kriegen das schon hin!« wäre keinem ihrer Romane angemessen. Ein wenig mehr Zuversicht zum Schluss hätten »Der Traum von einem Baum« und der Leser gut vertragen.

Meine Bewertung

4-Sterne-Bewertung | Buchblog der Buchleserin
Hinweis: Keine bezahlte Werbung.
ISBN:978-3-442-75791-6
Sprache:Deutsch
AusgabeGebundene Ausgabe
Seitenzahl560
Verlagbtb
Erscheinungsdatum:20.04.2023

Das bewegende Finale des dystopischen Klimaquartetts

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