Freischwimmer
von Gabriel Herlich
Wie leicht kann das Leben eine andere Wendung nehmen?
Es gibt Zeiten im Leben, auf die man zurückblickt und begreift, dass sie alles verändert haben – für Donnie Frey ist diese Zeit sein 21. Sommer. Eine einzige schicksalhafte Begegnung reicht aus, um Donnie völlig aus der Bahn zu werfen. Plötzlich sieht er sich mit Fragen konfrontiert, denen er bislang erfolgreich ausgewichen ist. Was bedeutet es, eigene Entscheidungen zu treffen und mit den Konsequenzen zu leben? Wie weit würde er gehen, um für seine Überzeugungen einzustehen? Antworten auf diese Fragen findet er dort, wo er sie am wenigsten erwartet hätte: in Zimmer 311 eines Altenheimes, auf dem Fahrersitz eines Buchanka und in einem malerischen Hotel in Südfrankreich.
»Ein leichter Sommerroman mit Abgründen: Gabriel Herlich hat ein trickreiches literarisches Debüt verfasst.« Florian Balke | FAZ
Auszug des Klappentexts
Ein Roman über trügerische Freundschaften, Familie und den Mut, über sich hinauszuwachsen
Ein paar Worte vorweg
Auf den Roman »Freischwimmer« bin ich durch Zufall aufmerksam geworden: Ich las den Roman »Südfall«, und diesem lag ein Heftchen bei, eine kurze Leseprobe zum »Freischwimmer«.
Selbstverständlich musste ich die Probe lesen, und die Geschichte weckte mein Interesse.
Bis dahin gab es das Werk nur als gebundene Ausgabe, und die Buchwunschliste war lang, so dass ich den Kauf des Buchs vorerst aufschob. Oftmals kommt einem dann der Zufall zur Hilfe, und ich wurde auf das Erscheinen als Taschenbuch aufmerksam.
Durch einen netten Kontakt beim Verlag erhielt ich den Roman als Leseexemplar. Meine immense Freude darüber muss ich hier nicht weiter ausformulieren. 🙂
Vorhang auf …
… für den Debütroman »Freischwimmer« von Gabriel Herlich. Wer ist der Erstlingsautor?
Die Autoren-Vita verrät, dass Herlich 1988 in Frankfurt am Main geboren wurde, eine jüdische Schule besuchte und Betriebswirtschaftslehre in Wien und Grenoble studierte. Seit 2014 arbeitet er in der Tech-Branche und lebt mit seiner Familie in Hamburg.
Der Werdegang liest sich erfrischend normal. Was mich jedoch sofort faszinierte, war der Fakt, dass Gabriel Herlich in einer jüdischen Gemeinde aufwuchs und seinen Debütroman aus Sicht eines Menschen mit rassistischen Anwandlungen geschrieben hat. In diesem Perspektivwechsel lag der Reiz dieses Buchs.
Mittendrin
Betrachtet man den Buchtitel und zieht den Klappentext heran, dann verheißt das Werk einen luftig-leichten Sommerroman im Gewand einer Coming-of-Age-Story bzw. eines ereignisreichen Roadtrips. Die Leseprobe ließ nicht sofort erahnen, dass diese Geschichte wahrlich trickreiche Verstrickungen und derartig ernste Töne bereithält. Aus diesem Grund ist meiner Meinung nach eine eindeutige Kategorisierung des vielgestaltigen Romans »Freischwimmer« schwer möglich, und so sortiere ich das Buch für mich in die Rubrik »Gegenwartsliteratur« ein.
Donatus Frey, kurz Donnie, entstammt einer gutsituierten Hamburger Traditionsfamilie, ist ein Außenseiter, seine Kindheitserinnerungen sind von Einsamkeit und Ausgrenzung geprägt. Erst im Studium gelingt es ihm, tiefere freundschaftliche Kontakte zu knüpfen, im festen Glauben verankert, wahre Freunde gefunden zu haben. Fasziniert von einer Studentenverbindung und getrieben von der Sehnsucht nach Anerkennung merkt er nicht, dass seine neuen Begleiter nicht die Freunde sind, nach welchen er sich sehnt, und die Zugehörigkeit zur neuen Clique bedenkliche Konsequenzen mit sich bringt.
Der Gruppenzwang und mangelnde moralische Festigung von Donnie führen dazu, dass er seinen Anteil an einigen mehr als fragwürdigen Aktionen trägt. Der fatale Werdegang scheint vorprogrammiert, bis zu einem alles entscheidenden Moment in Donnies Leben. Er erkennt, dass dieser Weg in den Abgrund führt, stellt sich mutig den Auswirkungen. Dadurch begegnet er an einem ungewohnten Ort einem wahren Freund und trifft in Zimmer 311 auf eine einnehmende Dame mit einer bewegenden Geschichte. Diese Treffen bleiben nicht ohne Folgen und sind der Beginn einer außergewöhnlichen Reise …
Das Handwerk
Der Autor hat ein stimmiges Setting geschaffen. Die Mehrheit der Figuren wirkt echt, und diese sind gefühlt nah dran an der Realität. Der Schreibstil ist einladend und flüssig, man verspürt die jugendliche Note, die den Protagonisten zugestanden wurde.
Der Hauptakteur ist eine Person, mit der man sich nur schwer identifizieren kann, viele seiner Handlungen und Entscheidungen haben mich schockiert, und mehr als einmal hätte ich ihn am liebsten beiseite genommen und ihm die Leviten gelesen. Umso erfreulicher ist es, dass der Autor ihm die Chance zur Wandlung und der Entfaltung spendierte. Trotz dieser ausgeprägten charakterlichen Ausarbeitung behielt die Figur eine blasse Nuance, und dies sehe ich dem Umstand geschuldet, dass man sich kaum in einen Menschen hineinversetzen kann, der von einem extremen Gedankengut geprägt ist. Vor allem, wenn man – wie der Autor – in einer jüdischen Gemeinschaft aufwuchs und der schwelende Antisemitismus ein lebenslanger Begleiter ist.
Der Plot des Romans »Freischwimmer« hat mich abgeholt. Die Idee und die trickreichen Wendungen und familiären Verstrickungen hatte ich so nicht erwartet.
Der Titel von Herlichs Roman ist Programm. Sein Protagonist durfte sich freischwimmen, auf allen Ebenen. Der Autor schuf einen Gegenwartsroman, der zeitlos ist und in der heutigen Zeit mit all den bedenklichen Entwicklungen mehr Beachtung finden sollte.
Die Geschichte zeigt eine Reihe von Gesichtern, und dadurch ist das Werk ein Gesellschaftsroman, eine Liebesgeschichte, ein literarisches Roadmovie und eine Familiengeschichte in einem und einiges mehr. Dabei gelingt es dem Schriftsteller, alle Geschehnisse direkt zu formulieren und die Emotionen des Lesenden anzusprechen, ohne in den lehrmeisterhaften Ton abzurutschen.
Das Resümee
Mit dem Roman »Freischwimmer« ist dem Autor ein stimmiges Debüt geglückt. Das Buch hatte ich in kurzer Zeit gelesen, weil die Geschichte mich packte und der Schreibstil mich durch die Seiten fliegen ließ.
Daher bin ich froh, dieses Buch beim Verlag angefragt zu haben. Und kann das Buch jedem empfehlen, der gern Lektüre liest, deren Genre nicht eindeutig umrissen ist, und der nicht vor gesellschaftskritischen Themen zurückschreckt. Ich für meinen Teil bleibe gespannt, welche Geschichte das nächste Buch des Autors erzählt.
Meine Bewertung
Hinweis: Werbung - Rezensionsexemplar | Vielen Dank an den Pendragon-Verlag für das Leseexemplar!
ISBN: | 978-3-86532-867-0 |
Sprache: | Deutsch |
Ausgabe | Taschenbuch |
Seitenzahl | 256 |
Verlag | Heyne |
Erscheinungsdatum: | 06.03.2024 |
Ein Gegenwartsroman übers Erwachsenwerden mit falschen Freunden