Unsere Seelen bei Nacht

von Kent Haruf

Unsere Seelen bei Nacht von Kent Haruf - Buchcover | Buchbesprechung der Buchleserin

Eine bewegende Geschichte

Holt, eine Kleinstadt in Colorado. Eines Tages klingelt Addie, eine Witwe von 70 Jahren, bei ihrem Nachbarn Louis. Sie macht ihm einen ungewöhnlichen Vorschlag: ob er nicht ab und zu bei ihr übernachten möchte. Louis lässt sich darauf ein. Und so liegen sie Nacht für Nacht nebeneinander und erzählen sich ihre Leben. Doch ihre Beziehung sorgt für Aufsehen in dem Städtchen.

Auszug des Klappentexts

Ein Buch, wie der Blick in eine einsame Seele: Eine gefühlvolle und unaufgeregte Geschichte für zwischendurch

Ein paar Worte vorweg

„Unsere Seelen bei Nacht“ von Kent Haruf entdeckte ich bei einem meiner Streifzüge durch meine Lieblingsbuchhandlung. Allzu gern lasse ich mich von den präsentierten Buchvorschlägen der dortigen Mitarbeiter inspirieren und entdecke regelmäßig neue AutorInnen und deren Geschichten.

„Unsere Seelen bei Nacht“ ist eine solche Entdeckung, ein leiser, leicht melancholischer Roman über zwei Senioren. Das Cover ist so reduziert wie gut. Positiv in der Farbgebung, und zusammen mit dem Titel hat es sofort mein Interesse geweckt. Der Klappentext gewährt einen ersten Einblick, und damit drängt sich die Frage auf: Werden die hier skizzierten Themen mich fesseln können? Denn schließlich kann ich nicht auf eine derart lange Biografie zurückblicken und stehe an einem gänzlich anderen Punkt meiner Lebenslinie als die beiden Protagonisten.

Das Spiel von Ursache und Wirkung: Der skizzierte Plot bewegte etwas in mir, und so nahm ich das Buch mit nach Hause …

Wer hat die Geschichte erdacht?

Der Roman „Unsere Seelen bei Nacht“ ist das letzte Werk des Autors, denn er verstarb bereits im November 2014. Haruf war ein amerikanischer Autor und unterrichtete nebenbei Englisch und Literatur. Neben Kurzgeschichten veröffentlichte er insgesamt sechs Bücher, und manche erhielten den Status des Bestsellers. Auch einige Buchpreise durfte er sich ins heimische Regal stellen.
Der Roman „Unsere Seelen bei Nacht“ (Originaltitel: Our Souls at Night) wurde 2015 postum veröffentlich und 2017 mit Jane Fonda und Robert Redford verfilmt.
Ob es sein bestes Buch ist, kann ich (noch) nicht bewerten, aber ich kann sagen, dass ich für diesen Roman nur einen halben Tag Lesezeit benötigt habe. Das ist ein mögliches Anzeichen ….

Willkommen in Holt

Haruf hat sich für seine Geschichten die fiktive Stadt Holt irgendwo in der Weite des US-Bundesstaats Colorado erdacht. „Unsere Seelen bei Nacht“ erzählt die Geschichte der siebzigjährigen Witwe Addie, welche eines Tages bei dem verwitweten Nachbarn Louis klingelt. Er trägt ebenso viele Jahrzehnte an Leben, Erfahrungen und Schicksalswendungen auf den Schultern und in seinem Herzen.

Addie macht Louis den ungewöhnlichen Vorschlag, ab und an die Nacht mit ihr zu verbringen. Gänzlich ohne sexuellen Hintergrund, einzig als Gesellschafter gegen die Dunkelheit und die Einsamkeit der Nacht. Zuerst ist Louis höflich irritiert, doch letztlich siegt die Hoffnung auf die Chance, die einsamsten Stunden des Tages nicht mehr allein verbringen zu müssen. Und so liegen sie nachts beieinander und erzählen sich aus ihrem Leben. Doch nicht alle im kleinen Städtchen Holt verstehen, dass die Stille der Nacht die Einsamkeit verstärkt und Zweisamkeit Linderung verspricht.

Über Bord mit den gesellschaftlichen Konventionen

„Unsere Seelen bei Nacht“ erzählt ruhig und leise von dem stillen Widerstand gegen die Einsamkeit zweier Senioren. Und so enthält der Roman eine Geschichte mit Strahlkraft.

Der Schreibstil des Autors zeigt sein Können, aus einzelnen Worten eine stimmige Geschichte zu kreieren. Seine Sprache ist schnörkellos und ruhig. Und ließ mich rasant durch die Seiten fliegen.

Zu Beginn irritierte mich noch das Fehlen der Anführungszeichen bei der wörtlichen Rede. Vielleicht ist es ein typisches Stilmittel des Autors, aber mich störte es anfangs, weil es für mich zu einem guten Buchsatz dazugehört. Trotz dieses Umstands habe ich mich schnell an das Fehlen dieser Satzzeichen gewöhnt, nicht zuletzt aufgrund der hinreißenden alten Herrschaften.

Das Ende des Buchs passte so gar nicht zu den beiden Protagonisten und wirkt übereilt, so dass ich die Vermutung hege, dass es vielleicht auf einer Rohfassung basiert, und der Tod des Autors einer finalen Überarbeitung dazwischenkam.
Ob dem so ist, ließ sich nicht beleghaft recherchieren, hier und da liest man, dass er bereits sehr krank war, als er den Roman beendete, und damit bleibt es eine reine Vermutung meinerseits.

Dennoch kann ich den Roman „Unsere Seelen bei Nacht“ empfehlen, weil er überaus kurzweilig und wunderschön zu lesen ist. Die Handlung beschreibt die Macht von gesellschaftlichen Zwängen und der benötigten Kraft und dem Mut, sich diesen entgegenzustellen. Beschreibt, wie bedeutsam Zweisamkeit ist und wie glückstiftend neue freundschaftliche Bande im Alter sind und dass der Mensch dafür nie zu alt ist. Der Roman unterstreicht auch, dass man nachsichtig mit sich und seinen Lebensentscheidungen sein darf, mit den gelungenen und den anderen.

Mein Resümee

„Unsere Seelen bei Nacht“ ist ein unaufgeregter Roman, der sich dem Thema „Einsamkeit (im Alter und in der Nacht)“ annimmt. Mich hat das Buch überzeugt, auch wenn das Ende überraschte und vermutlich mehr der Realität entspricht, als ich es mir erhoffte. Unabhängig davon werde ich die anderen Bücher des Autors auf meine Leseliste setzen und bin froh, der Empfehlung des Buchhändlers gefolgt zu sein.

Meine Bewertung

4-Sterne-Bewertung | Buchblog der Buchleserin
Hinweis: Keine bezahlte Werbung
ISBN:978-3-257-24465-6
Sprache:Deutsch
AusgabeTaschenbuch
Seitenzahl224
VerlagDiogenes
Erscheinungsdatum:12.12.2018

Eine bewegende Geschichte, um zwei ältere Seelen

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