Billy Summers
von Stephen King
Stephen King mal anders
Der Killer und das Mädchen – ein Roman von Stephen King über Wahrheit und Fiktion über die Schatten der Vergangenheit, die Verheißungen der Zukunft, die eigene Identität und das falsche Ich, das nackte Leben und den bitteren Tod über Krieg und Frieden über Liebe, Glück und Schicksal.
Auszug des Klappentexts
Eine komplexe Geschichte meisterhaft umgesetzt
„Billy Summers“ ist ein Roman von Stephen King, der so ganz anders ist als alles, was er bisher verfasst hat bzw. was ich bisher von ihm gelesen habe, und das waren schon einige Bücher. Der Autor hat mit dem über 700 Seiten starken Werk eine ganz neue Seite von sich präsentiert. Weg von bekannten, fast schon ausgetretenen Pfaden, hin zu einer leisen, tiefgründigen und doch auch emotional zwiespältigen Erzählweise. Beim Lesen des Thrillers fragt man sich stetig: Darf man mit einem Mörder sympathisieren?
Worum geht es?
Das frühere Leben des namensgebenden Protagonisten Billy Summers war fern von unbeschwert, und so ist es fast konsequent, dass aus dem hochdekorierten Kriegsveteranen ein erfolgreicher und gern gebuchter Auftragskiller wird. Aber er ist ein Killer mit Gewissen, denn er praktiziert eine alles entscheidende Grundregel: Er tötet nur schlechte Menschen.
Sein neuester Auftrag soll sein letzter sein. Er will seine Laufbahn beenden und sich zur Ruhe setzen. Billy besitzt ein Gespür für Gefahren, aber trotz seiner Zweifel nimmt er diesen letzten Auftrag an. Die Vorbereitungen sind langwierig, ziehen sich über Monate, und trotzdem läuft am Ende einiges schief. Auf der Flucht rettet er Alice, und diese Begegnung stellt für beide Seiten den Beginn einer spannenden Reise dar.
Die Erzählweise
Der Roman gliedert sich gewissermaßen in drei Teile. Im ersten Teil wird sehr ruhig, fast leise der letzte Job und der Weg dahin beschrieben. Eigentlich passiert nicht viel, dennoch schafft es der Autor die LeserInnen zu fesseln, sodass man sich – unbeabsichtigt fast schon wild – durch die Geschichte fräst. Der Spannungsbogen wird sukzessive gespannt, hierzu bedient sich der Schriftsteller einfacher stilistischer Hilfsmittel, wie kurze Rückblenden oder tiefergehende Einblicke in die Seelen- und Gedankenwelt von Billy Summers. Diese Beschreibungen sind so kurzweilig zu lesen (obwohl eigentlich nicht viel passiert), dass man das Buch kaum aus der Hand legen kann und zack, ist man mittendrin im zweiten Teil.
Dieser Teil behandelt seine Flucht und die Rettung von Alice. Sie ist eine sehr junge Frau – gerade mal volljährig – und ein Opfer einer Gruppenvergewaltigung. Eine zarte, geschundene Seele trifft auf Billy Summers, den Mörder. Faszinierend!
Während dieser beiden ersten Teile beginnt der Entstehungsprozess des Buch-im-Buch-Projekts. Dieser Kniff ist ein genialer Schachzug des Großmeisters King. Er verflechtet hier mehrere Stränge und Handlungsweisen miteinander. Zum einen gilt das Buch-Projekt der Tarnung von Billy Summers im ersten Teil, und im zweiten Teil wird es zur obsessiven Eigentherapie des Auftragskillers. Die LeserInnen erfahren so nebenbei viele weitere Fakten aus dem Leben von Billy, sodass man die intelligente Figur noch besser verstehen und deren Handlungen eher nachvollziehen kann. Und als Goodie gibt es zahlreiche Sympathiepunkte für den Killer obendrauf.
Im dritten und letzten Teil läuft alles auf den finalen Showdown hinaus. Einmal mehr wird dem Leser vermittelt, dass die Figur Billy trotz ihrer Biografie mit einem sehr stark ausgeprägten Gerechtigkeitsempfinden und deutlich mehr Anstand ausgestattet ist, als seine „berufliche“ Tätigkeiten vermuten lässt.
Ein Autor erfindet sich neu
Der Autor versteht es aufgrund seiner langjährigen schriftstellerischen Arbeit nach wie vor hervorragend, großartige Charaktere auszuformen. Mit seiner Detailverliebtheit und dem faszinierenden Spiel mit den widersprüchlichen Emotionen, den geltenden Anstandsregeln unserer Gesellschaft und dem Zusammenspiel aller Aspekte der Geschichte beweist er auf gelungene Art und Weise, dass ein Stephen King in den Siebzigern sich weiterhin neu erfinden und mit Leichtigkeit eine brillante und tiefgreifende Geschichte kreieren kann. Und das alles fast leise, ruhig und trotzdem unglaublich stark.
Mein Fazit zum Buch
„Billy Summers“ ist kein klassisches Stephen King Werk. Mit diesem Roman beweist der Verfasser jedoch erneut sein unglaubliches Können. Er schafft eine intelligente, facettenreiche Geschichte, welche man nicht aus der Hand legen kann.
Dennoch muss man sich darauf einlassen, dass das Buch anders ist. Wer hier unvoreingenommen an den Plot herantritt, wird belohnt, mit über 700 Seiten schriftstellerischer Finesse.
Meine Bewertung
Hinweis: Keine bezahlte Werbung
ISBN: | 978-3-453-44167-5 |
Sprache: | Deutsch |
Ausgabe | Taschenbuch |
Seitenzahl | 736 |
Verlag | Heyne |
Erscheinungsdatum: | 09.11.2022 |
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