Connect
von Julian Gough
Ein Technothriller
Nevada, in naher Zukunft: Colt ist der clevere Sohn einer Wissenschaftlerin und eines Geheimdienstlers. Als er heimlich die bahnbrechende Forschung seiner Mutter Naomi bei einer Biotech-Konferenz einreicht, wird die Studie vom Geheimdienst sofort unter Verschluss genommen. Mutter und Sohn sind gezwungen zu flüchten. Jetzt muss Colt alles daran setzen, mit seinen Programmierkenntnissen Daten zu manipulieren, um ihr Leben zu retten. Und er ist gezwungen, die virtuelle Realität zu verlassen, denn er muss sich seinem größten Schrecken stellen: der Liebe. »Connect« zeigt, wie das Verhältnis zwischen Mensch und künstlicher Intelligenz im digitalen Zeitalter aussehen könnte.
Auszug des Klappentexts
Interessante Grundidee, aber die Umsetzung ist sehr holprig und der Schreibstil gewöhnungsbedürftig.
„Connect“ des irischen Schriftstellers Julian Gough lag schon länger auf meinen SUB (Stapel ungelesener Bücher) und lässt sich inhaltlich kaum einem Genre zuordnen. Gekauft habe ich den Roman, weil mich Techno-Thriller, die in nicht allzu ferner Zukunft spielen und damit manchmal sehr nah an einer möglichen Realität liegen, schon oft beim Lesen gefesselt haben. Der Klappentext, die Zusammenfassung im Buch und einige Rezensionen versprechen einen mitreißenden Sci-Fi-Pageturner, bei dem auch das Zwischenmenschliche nicht zu kurz kommt. Letzteres ist für mich ein unbedingtes Muss: Gerät der Plot zu technisch oder wissenschaftlich und die Charaktere menscheln nicht, dann bleibt meine Begeisterung schnell auf der Strecke.
Kurz zum Inhalt
Colt ist ein introvertierter Jugendlicher, der mit seinen Mitmenschen im realen Leben nicht klarkommt und dafür umso mehr in der virtuellen Welt eines Online-Games aufgeht, das er selbst programmiert hat. Über dieses Spiel lernt er Sasha kennen, ein toughes Mädchen, das zwar ähnliche Probleme wie er hat, sich aber im Real Life gut damit arrangiert. Colts Mutter Naomi ist Biologin und forscht an einer Erweiterung der Fähigkeiten des menschlichen Gehirns. Beide kümmern sich hingebungsvoll umeinander, zumal sie auf ihre Weise ihre ganz persönlichen Päckchen zu tragen haben. Die Trennung vom impulsiven Vater Ryan hat schmerzhafte Spuren in ihrem Leben hinterlassen, die nicht verheilen können, weil die Verbindung noch immer – beruflich und privat – aufrechterhalten wird. Ryan arbeitet beim Militär, das großes Interesse an Naomis Forschung zeigt. Die Konflikte sind vorprogrammiert.
Wissenschaft trifft auf IT
Nach einer intensiven Beschäftigung mit den wissenschaftlichen Ansatzpunkten, die der Roman „Connect“ thematisiert, wird aus dem Plot ab etwa der Hälfte ein mithin spannender Thriller, dessen Adrenalinkurve im weiteren Verlauf bis zum Ende hin mangels Überraschungen und aufgrund der im Folgenden beschriebenen Punkte mehr und mehr abflacht.
Der Stil des Autors
Mit dem Schreibstil Julian Goughs musste ich zunächst warmwerden: Er schreibt streckenweise in extrem kurzen Sätzen und Absätzen. Auch wenn ich im Gegenzug komplexe, verschachtelte Bandwurmsätze ebenfalls nicht mag, so wirkt Goughs Stil über die Gesamtlänge des Buchs „Connect“ bröckelig und lässt den Leser den Lesefluss wie einen steinigen Pfad erleben. Wie gesagt: Gewöhnungsbedürftig, aber nicht uninteressant, wenn man sich darauf einlässt.
Schwieriger finde ich die Detailverliebtheit des Autors, was besonders das Thema Vernetzung und IT angeht. Wenn man als Leserin nicht tief in der Materie der Online-Games, der Internetsicherheit und der Softwareprogrammierung steckt, dann ermüden diese Textabschnitte, und man wird eventuell über das ganze Buch hinweg von einer tieferen Einsicht in diese Welt ausgeschlossen. Hier wirkt das Werk wie das Skript eines IT-affinen Autors, der einen emotional aufgeladenen Thriller schreiben wollte.
Weniger ist manchmal mehr
Da ich allerdings in der IT-Branche arbeite und ein wenig Einsicht in die Thematik habe, stolperte ich beim Lesen immer wieder über weitschweifige Erklärungen, die wie Ansammlungen zusammengeklaubter, bisweilen zusammenhangloser Fachbegriffe wirken und vor allem dem Zweck dienen, dem Plot den Anstrich fundierter Kenntnis zu verleihen. Das wird nicht versierte Leser entweder beeindrucken oder ihren Lesefluss nachhaltig hemmen. Julian Gough bleibt damit qualitativ weit hinter Dave Eggers‘ „Circle“ oder dem eindrucksvollen Epos „Otherland“ von Tad Williams zurück.
Die beschriebene Detailtiefe steckt auch in den Beschreibungen der kleinsten Regungen und Denkpausen der Protagonisten. Sicher helfen viele dieser Einblicke, die Handlungen nachvollziehen zu können, aber auch hier wäre hin und wieder weniger mehr gewesen. Selbst die lose über die 600 Seiten eingestreuten sexuellen Handlungen, ob sie von zärtlicher oder gewaltsamer Natur sind, werden endlos zelebriert und lassen wenig Freiraum für Fantasie. Zudem sind sie nur mittelmäßig ansprechend geschrieben und stören damit den Gesamtcharakter des Romans.
Aufgefallen sind mir noch die Perspektivwechsel innerhalb der Kapitel: Im einen Absatz geht der Autor auf Colts Gefühlswelt ein und beschreibt dessen Eindrücke und Gedanken, im nächsten Absatz befindet sich die Leserin im Kopf seiner Mutter und muss sich mit ihrem Denken auseinandersetzen. Solche Wechsel der Perspektive sind zwischen einzelnen Kapiteln üblich und erlauben unterschiedliche Sichten auf die Handlung. Innerhalb eines Kapitels oder gar einer Szene ist das – Entschuldigung – schlechtes Handwerk. Ärgerlich finde ich neben alledem, dass ein so erfolgreich vermarktetes Werk eine erhebliche Anzahl an Satzfehlern enthält. Das ist natürlich nicht dem Autoren anzulasten. Vielleicht war dem Übersetzer das Buch am Ende auch zu langatmig.
Die beschriebenen Stolpersteine führten dann auch dazu, dass ich weite Passagen des letzten Drittels diagonal gelesen habe und trotzdem nicht das Gefühl habe, wesentliche Inhalte verpasst zu haben.
Das Fazit zum Buch
Das Roman „Connect“ zehrt von einer interessanten Grundidee (Naomis Forschung), aus der sich ein komplexes und spannendes Szenario für einen Tech-Thriller entwickelt. Die Beziehungen zwischen den Charakteren kommen dabei wirklich nicht zu kurz. Allerdings liefert der Autor über die ganze Strecke hinweg in wichtigen Aspekten – Wissenschaft, Interaktion, Emotion – zu viel und bremst den Lesefluss immer wieder aus. Hundert Seiten weniger wären genug gewesen, um die Spannung von Anfang bis Ende zu halten.
Meine Bewertung

Hinweis: Keine bezahlte Werbung
ISBN: | 978-3-570-10297-8 |
Sprache: | Deutsch |
Ausgabe | Gebundenes Buch |
Seitenzahl | 624 |
Verlag | C. Bertelsmann |
Erscheinungsdatum: | 16.09.2019 |
Interessante Grundidee, holprig umgesetzt